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Politik

Korruptionsgeleitete Gesetzgebung?

Durch arbeitsrechtliche Normen auf einfachgesetzlicher Ebene unterläuft der Gesetzgeber die grund- und menschenrechtlichen Garantien der Wissenschafts- und Meinungsfreiheit. Geschieht dies vorsätzlich?

I Allgemeines und Historisches Korruptionsgeleitete Gesetzgebung?
Durch arbeitsrechtliche Normen auf einfachgesetzlicher Ebene unterläuft der Gesetzgeber die grund- und menschenrechtlichen Garantien der Wissenschafts- und Meinungsfreiheit. Geschieht dies vorsätzlich?

I Allgemeines und Historisches
Die Staatenbildung begann mit der Sesshaftwerdung größerer Gruppen von Menschen. Historiker datieren sie zeitlich ins vierte bis dritte Jahrtausend vuZ, geographisch in das Gebiet zwischen Euphrat und Tigris. In den griechischen Stadtstaaten , insbesondere in Athen und Sparta, wurden bereits die wichtigsten Begriffe der Staatslehre wie Demokratie, Oligarchie, Monokratie, Monarchie, Aristokratie, Ochlokratie, Republik formuliert und mit Inhalten versehen. Selbst die Gewaltenteilung fand sich bereits bei Aristoteles , erreichte ihre neuzeitliche Fassung aber erst 1748 bei
Montesquieu . Seit Jelinek und dessen Drei-Elemente-Lehre sind die konstituierenden Merkmale eines Staates ein durch Grenzen definiertes Territorium (Staatsgebiet), eine ansässige Gruppe von Menschen (Staatsvolk) und eine innerhalb der Grenzen bestehende Staatsgewalt.
Montesquieu postulierte eine Gewaltenteilung in gesetzgebende, vollziehende und richterliche Gewalt. Diese Gewaltenteilung ist gegenwärtig (wenn auch in unterschiedlichen Ausformungen) in allen westlichen Verfassungsstaaten verwirklicht. Als gesetzgebende Gewalt fungieren Parlamente in Gestalt uni- oder bikameraler Vertretungskörper, deren Mitglieder vom Staatsvolk gewählt werden.
Dazu bestimmen die Art 24, 26 des österreichischen Bundesverfassungsgesetzes (B-VG): „Die
Gesetzgebung des Bundes übt der Nationalrat gemeinsam mit dem Bundesrat aus. […] Der Nationalrat wird vom Bundesvolk […] nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt.“
Arbeitsrechtliche Angelegenheiten sind nach Art 10 Abs 1 Z 11 des B-VG Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung. Der zur Erlassung arbeitsrechtlicher Normen verfassungsrechtlich berufene Vertretungskörper in Österreich ist der Nationalrat. Um dessen Praxis bei der Erlassung innerstaatlicher Normen auf einem Gebiet des Arbeitsrechts geht es in den nachfolgenden Ausführungen. Damit einhergehend werden die grundrechtlich normierte Wissenschafts- und Lehrfreiheit und letztlich die Umsetzung europarechtlichen Sekundärrechts erörtert.

II Korruption

1 Allgemeines
In der juristischen Fachterminologie wie auch in der Umgangssprache ist Korruption ein häufig verwendeter Begriff. Eine für alle Bereiche der Rechtsanwendung verbindliche und einheitliche Definition existiert nicht. Die Durchsicht verschiedener Quellen auf nationaler und internationaler Ebene liefert eine fast schon unüberschaubare Zahl von Definitionen. Dazu gesellen sich Definitionen privater und öffentlich-rechtlicher Organisationen. Nur demonstrativ werden im folgenden Text einige angeführt.

2 Innerstaatliches Verständnis
Das österreichische Innenministerium folgt der Definition von Transparency International (TI) .
Demnach handelt es sich bei Korruption um den „Missbrauch von anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil“. An manchen Stellen des Internetauftritts von TI wird diese Definition ergänzt um ein Element des strafrechtlichen Vorsatzbegriffs, nämlich um das Wort „bewusst“. Die Definition lautet dann, Korruption sei der “bewusste Missbrauch von anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil“.
Von dieser, einem eher umgangssprachlichen Verständnis verpflichteten Definition, ist der innerstaatlich-strafrechtliche Korruptionsbegriff zu unterscheiden. Er umfasst größtenteils – aber nicht ausschließlich – Verhaltensweisen, die darin bestehen, zur Erreichung eines (nicht zwingend verpönten) Zieles Geld oder geldwerte Vorteile an einen Entscheidungsbefugten mit der Zielsetzung zu geben, dass dieser die gewünschte Entscheidung herbeiführt oder selber trifft. Natürlich ist die im
Interesse des zahlenden Auftraggebers gesetzte Handlung in gleicher Weise Korruption wie die Entgegennahme des Geldes oder eines sonstigen Vorteils. Eine solche Definition greift für den gesamten innerstaatlichen Strafrechtsbereich jedoch zu kurz. Im zweiundzwanzigsten Abschnitt „Strafbare Verletzungen der Amtspflicht, Korruption und verwandte strafbare Handlungen“ finden sich im österreichischen Strafgesetzbuch (StGB) insgesamt sechzehn Straftatbestände. Sie reichen von „Missbrauch der Amtsgewalt“ über „Bestechlichkeit“, „Bestechung“ und „Verbotene Intervention“ bis zu „Folter“ und „Verschwindenlassen einer Person“. Eine Definition des Korruptionsbegriffs als solchen sucht man indes vergebens.
Die Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption ist in Österreich einer zentralen Staatsanwaltschaft in Form der im Jahre 2011 errichteten Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zugewiesen. Nach den Zuständigkeitsbestimmungen der Strafprozessordnung (StPO ) obliegen ihr (ua) die Leitung des Ermittlungsverfahrens, dessen Beendigung […] sowie die Einbringung der Anklage […] der im § 20a Abs 1 StPO detailliert aufgezählten Delikte. § 20b Abs 2 StPO definiert wohl den Begriff Wirtschaftsstrafsachen, nicht jedoch den Begriff Korruption.

3 Schrifttum
Im facheinschlägigen Schrifttum kann ernsthaften und weniger ernsthaften Versuchen begegnet werden, dem Begriff Korruption Inhalte zu geben. Nur demonstrativ seien dargestellt:
Eder-Rieder definiert Korruption als „jede Art von Pflichtwidrigkeit und Missbrauch einer eingeräumten Befugnis bzw Vertrauensstellung in einer Funktion in Verwaltung, Wirtschaft und Politik im Austausch gegen einen materiellen oder immateriellen Vorteil, auf den kein rechtlich begründeter Anspruch besteht“.
Rönnau sieht Korruption gekennzeichnet durch „den regelwidrigen Tausch von Vorteilen, präziser den regelwidrigen Tausch einer Entscheidung (bzw. Einflussnahme auf eine solche) oder einer Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen – gegen einen Vorteil“.
Kriele definiert Korruption „im marktwirtschaftlich organisierten Staatswesen als einen Vorgang der
Uminterpretation der Verfassung, insbesondere seiner Grundrechte im Dienste individueller Interessen auf Kosten der Interessen anderer und schließlich auf Kosten des Verfassungsstaats und der Menschenwürde selbst“. Im Zentrum von Krieles Überlegungen steht das Gemeinwohlinteresse. Die besitzindividualistische Korrumpierung erst der Marktwirtschaft, dann des Verfassungsstaats bildet den Ausgangspunkt seiner Definition.
Elisabeth Köck zitiert in ihrer systematischen Darstellung des österreichischen Wirtschaftsstrafrechts
Wikipedia. Demnach „ist Korruption (von lateinisch corruptio: ‚Verderbnis, Verdorbenheit,
Bestechlichkeit‘) der Missbrauch einer Vertrauensstellung“.

4 Überstaatliche Ebene
Das im Jahr 1999 vom Europarat geschaffene und am 1. Juli 2002 in Kraft getretene
Strafrechtsübereinkommen über Korruption sieht in Korruption „eine Bedrohung der
Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Menschenrechte. Korruption verzerrt den Wettbewerb und die Grundsätze verantwortungsbewussten staatlichen Handelns und der Billigkeit. Sie untergräbt soziale Gerechtigkeit, behindert die wirtschaftliche Entwicklung und die Stabilität der demokratischen Institutionen und gefährdet die sittlichen Grundlagen der Gesellschaft“. Damit werden die Folgen von Korruption umschrieben. Eine Definition findet sich nicht.
Im Gegensatz zum Strafrechtsübereinkommen über Korruption enthält das gleichfalls dem Europarat entstammende Zivilrechtsübereinkommen über Korruption eine Definition. Nach Artikel 2 bezeichnet Korruption „das unmittelbare oder mittelbare Fordern, Anbieten, Gewähren, Annehmen oder
Inaussichtstellen von Bestechungsgeldern oder eines anderen ungerechtfertigten Vorteils, das die Erfüllung der dem Begünstigten obliegenden Pflichten beeinträchtigt oder dazu führt, dass er sich nicht wie geboten verhält“.
Das auf der Ebene der Vereinten Nationen 2002 errichtete und in Österreich in seiner Urfassung
2004 in Kraft getretene Übereinkommen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität umschreibt Korruption in Art 8 (Kriminalisierung der Korruption) als:
„a) das Versprechen, das Angebot oder die Gewährung eines ungerechtfertigten Vorteils unmittelbar oder mittelbar an einen Amtsträger für diesen selbst oder für eine andere Person oder einen anderen Rechtsträger als Gegenleistung dafür, dass der Amtsträger bei der Ausübung seiner
Dienstpflichten eine Handlung vornimmt oder unterlässt;
b) die unmittelbare oder mittelbare Forderung oder Annahme eines ungerechtfertigten Vorteils durch einen Amtsträger für diesen selbst oder für eine andere Person oder einen anderen Rechtsträger als Gegenleistung dafür, dass der Amtsträger bei der Ausübung seiner Dienstpflichten
eine Handlung vornimmt oder unterlässt. […]
Desgleichen erwägt jeder Vertragsstaat, andere Formen der Korruption als Straftaten zu umschreiben“.
5 Zwischenfazit
Korruption hat national- und überstaatlich eine enorme strafrechtliche Bedeutung. Trotzdem kennt die innerstaatliche Strafrechtsordnung weder einen spezifischen Korruptionstatbestand noch eine verbindliche Definition. Dem Begriff Korruption unterwirft sie vielmehr eine Reihe namentlich aufgezählter Delikte, deren Deckung mit dem allgemeinen Sprachverständnis, das mit Korruption einhergeht, der Beurteilung des Betrachters obliegt. Bei Delikten wie Folter oder dem Verschwindenlassen einer Person scheint der Bezug zu Korruption zumindest auf den ersten Blick etwas weit hergeholt. Überstaatliche Rechtsnormen des Europarats und der Vereinten Nationen enthalten Definitionen, die nicht deckungsgleich sind. Der Rechtssicherheit zuträglich sind diese Umstände nicht.
Abseits professioneller Rechtsanwender darf sich der mit Korruption befassende Bürger – ganz nach Belieben und vergleichbar einem Supermarktregal – aus einer Vielzahl von Definitionen bedienen. Wenig wahrscheinlich ist, dass er auch nur eine davon kennt. Der Begriff Korruption scheint damit im allgemeinen Sprachgebrauch zur beliebigen Anwendung zu verkommen.

III Menschen-, Grund- und Bürgerrechte
1 Allgemeines und Historisches
Nach dem Verständnis der österreichischen Bundesregierung besitzt jede Person, allein aufgrund der
Tatsache des Menschseins, Würde. Um diese Menschenwürde zu schützen, stehen dem Menschen Rechte zu, welche unveräußerlich und unteilbar sind. Der Jurist hat allerdings zu unterscheiden:
Der eben angeführte singularistische (in aller Regel religiös motivierte) Menschenrechtsbegriff gewährt dem Einzelnen noch kein Recht. Er bildet vielmehr eine rechtsphilosophische Konstruktion.
Erst durch gesetzgeberische Akte auf nationalstaatlicher oder überstaatlicher Ebene können diese
Konstruktionen in Kodifikationen übergeführt werden, die dem Bürger gegenüber dem Staat
Rechtspositionen einräumen. Am Ende dieser Entwicklung und wenn das vorher abstrakte
Menschenrecht mit einem effektiven Rechtsdurchsetzungsverfahren versehen worden ist, kann von Grund- oder auch Bürgerrechten gesprochen werden. Grundrechte sind dann regelmäßig in nationalstaatlichen Verfassungen verankerte Menschenrechte, die durchgesetzt werden können. Stehen solche Rechte nur Staatsbürgern, nicht aber Fremden zu, ist von Bürgerrechten die Rede.
Die maßgeblichen Rechtsgrundlagen sind gegenwärtig die Europäische Menschenrechtskonvention
(EMRK, Art 10), die Grundrechtecharta der Europäischen Union (GRC, Art 10, 13) und österreichspezifisch das Staatsgrundgesetz aus dem Jahr 1867 (StGG). Letzteres normiert in Art. 17 die Wissenschaftsfreiheit.
Art 17 StGG lautet:
Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei.
Art 17 StGG hat seine Wurzeln in der Aufklärung. Gedanken-, Meinungs-, Rede- und Pressefreiheit sollten Überwachungen und Einschränkungen durch absolutistisch herrschende Adelshäuser, kirchliche Institutionen und Feudalherrn entzogen werden. Im Vormärz (im Allgemeinen die Zeit zwischen 1815 und 1848) konnten Lehrinhalte, die als Gefährdung von Staat und Religion angesehen wurden, jederzeit Sanktionen wie Lehrverbot, Amtsenthebung, Landesverweisung oder Haft nach sich ziehen. Nach den Intentionen aufgeklärter Bürger sollten daher freie Wissenschaft und
Lehrfreiheit garantiert werden. Die 1867 in das österreichische Staatsgrundgesetz aufgenommene
Bestimmung steht nach wie vor in Geltung. Seinerzeit wurde sie vom Entwurf des
Verfassungsausschusses der Frankfurter Nationalversammlung25 über die „Grundrechte des deutschen Volkes“ rezipiert.26
Art 17 StGG wurde in Österreich im Jahr 2008 durch den in das B-VG eingefügten Art 81c ergänzt. Die Bestimmung lautet:
(1) Die öffentlichen Universitäten sind Stätten freier wissenschaftlicher Forschung, Lehre und Erschließung der Künste. Sie handeln im Rahmen der Gesetze autonom und können Satzungen erlassen. Die Mitglieder universitärer Kollegialorgane sind weisungsfrei. […]
(3) In Angelegenheiten des Dienstrechts der ernannten berufsmäßigen
Universitätsangehörigen geht der Instanzenzug bis zum zuständigen Bundesminister.
Art 81c B-VG wird als Garantie für die Existenz öffentlicher, staatsunabhängiger (autonomer) Universitäten verstanden. Die individuellen Gewährleistungen des Art 17 StGG sollen durch die institutionelle Garantie autonomer Universitäten ergänzt werden. Der Vollständigkeit und Aktualität halber ist festzuhalten:
Grundrechte sind kein Ergebnis einfacher gesetzlicher Entwicklungen. In Österreich, Deutschland und
Frankreich wurden sie im 18. und 19. Jahrhundert unter blutigen Opfern erkämpft. Kämpfer für Grundrechte waren Arbeiter, Bürger und Studenten. Deren Gegner waren Adel und Kirche. Wegen des äußerst brutalen Vorgehens der die staatliche und kirchliche Gewalt verteidigenden Truppen forderten die Auseinandersetzungen Tausende Tote, Verstümmelte und Verletzte. Viele starben durch Hinrichtung. Diese Umstände sollen jenen eine ernste Warnung sein, die heute, in der Regel bar jedes historischen Wissens, dafür umso lauter, fahrlässig mit Grundrechten umgehen, sie zu Gunsten einfachst gestrickter Ideologien aufs Spiel setzen oder überhaupt gleich zur Disposition stellen. Eine Warnung sei aber auch an jene gerichtet, die solchem Treiben tatenlos zusehen. Ein Verlust grundrechtlicher Positionen würde angesichts der dafür maßgeblichen Umstände kaum leichter rückgängig zu machen sein, als deren Erringung im Laufe von Jahrzehnten blutiger
Auseinandersetzungen. Im Falle einer von vielen angestrebten Wiedererstarkung von Religionen mit Einfluss auf das Staatswesen muss überhaupt ein Verschwinden des modernen Grundrechtsbestandes für Jahrhunderte befürchtet werden.
2 Inhalt der Wissenschafts- und Lehrfreiheit
Das Grundrecht steht jedermann zu, der wissenschaftlich forscht oder lehrt. Er darf hierbei vom Staat keinen spezifischen, intentional auf die Einengung dieser Freiheit gerichteten Beschränkungen unterworfen werden.
Wissenschafts- und Lehrfreiheit garantieren das Recht der freien wissenschaftlichen Forschung und das Recht, die Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung frei zu lehren.
Wissenschaftliche Forschung besteht im Streben nach Erkenntnis innerhalb eines frei wählbaren Forschungsobjekts.
Die Berufung auf Wissenschaftsfreiheit setzt allerdings die Anwendung anerkannter Methoden der Wissenschaft und die Möglichkeit der Objektivierung gewonnener Erkenntnisse voraus. Letzteres geschieht dadurch, dass das Ergebnis der Forschung zur Überprüfung, Diskussion und gegebenenfalls Objektivierung durch andere Vertreter der Wissenschaft freigestellt wird. Die Methode dazu ist die Publikation. Das Glauben, Meinen, Dafürhalten, Obskurantismus oder Mystizismus u.Ä. sind keine Gegenstände der akademischen Wissenschafts- oder Lehrfreiheit.
Das Grundrecht des Art 17 StGG darf weder durch Gesetz noch durch Maßnahmen der Vollziehung intentional beschränkt werden. Dies gilt auch für das durch den Gesetzgeber geschaffene Arbeitsrecht für wissenschaftliches Personal an Universitäten.32
Abseits des Schutzes durch Art 17 StGG ist die Wissenschafts- und Lehrfreiheit auch durch die in Art
10 EMRK gewährleistete Freiheit der Meinungsäußerung geschützt. Eine weitere Schutznorm ist Art 13 GRC, der die Freiheit der Kunst und der Wissenschaft zum Gegenstand hat. Demnach sind Kunst und Forschung frei. Die akademische Freiheit wird geachtet.
Auch Art 10 EMRK schützt die Freiheit der Meinungsäußerung für jedermann, das bedeutet, dass Personen unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit geschützt sind. Dem Schutz unterliegen auch juristische Personen. Staatliche Eingriffe durch Gesetzgebung oder Vollziehung sind verboten, soweit sie nicht im Gesetzesvorbehalt des Art 10 Abs 2 EMRK Deckung finden. Der Gesetzesvorbehalt umfasst Einschränkungen, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer unentbehrlich sind, um die Verbreitung von vertraulichen Nachrichten zu verhindern oder das Ansehen und die Unparteilichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten.
3 Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit
Auf arbeitsrechtlicher Ebene liegen zu Art 10 EMRK einige Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vor, aus denen die folgenden hervorzuheben sind:
In der Entscheidung Heinisch v. Germany stellt der EGMR fest, dass eine gerichtlich bestätigte
Kündigung einer Dienstnehmerin (im konkreten Fall wegen des Aufdeckens von Missständen und der Erstattung einer Strafanzeige) gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung verstoßen kann.
In der Entscheidung Vogt v. Germany ging es um eine pragmatisierte Lehrerin, deren fachliche Kompetenz und berufliches Engagement als „durchaus zufriedenstellend“ bewertet worden waren. Im Jahr 1982 wurde gegen die Lehrerin ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Wegen der Teilnahme an politischen Aktivitäten der DKP habe sie gegen die politische Treuepflicht gemäß § 61 (2) des Niedersächsischen Beamtengesetzes verstoßen. Die Lehrerin wurde zuerst vom Dienst suspendiert, kurz darauf erfolgte als Disziplinarstrafe ihre Entlassung. Der EGMR entschied, die Entlassung aus dem Staatsdienst aufgrund der Mitgliedschaft in einer Partei verstoße gegen die Art. 10 und 11 EMRK.
In der Entscheidung Lombardi Vallauri v. ITA war der Beschwerdeführer als Hochschullehrer für
Rechtsphilosophie an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der „Katholischen Universität vom Heiligen Kreuz' in Mailand tätig. Er war über einen Zeitraum von 20 Jahren (!) hinweg auf der Basis von zeitlich befristeten Dienstverträgen angestellt. Im Verlauf der Jahre 1998/99 bewarb er sich neuerlich für diesen Posten. Mit Schreiben vom 26.10.1998 setzte die „Kongregation für katholische Erziehung' den Rektor darüber in Kenntnis, dass gewisse Positionen des Beschwerdeführers der katholischen Lehre klar entgegenstehen würden und dass er dort im Interesse der Wahrheit, des Wohls der Studenten und jenes der Universität nicht länger unterrichten solle. Eine Konkretisierung der Vorwürfe erfolgte auch über Rückfrage nicht. Es kam zu keiner Vertragsverlängerung. Der EGMR entschied, die Entscheidung des Fakultätsausschusses, die Kandidatur des Beschwerdeführers nicht in Erwägung zu ziehen, stelle einen Eingriff in dessen Meinungsäußerungsfreiheit dar.
In der Entscheidung Glasenapp v. Ger entschied der EGMR, eine Beamtenstellung nehme der diese
Stellung einnehmenden Person nicht den durch Art. 10 EMRK gewährten Schutz.38

IV Befristete Dienstverhältnisse
1 Die unionsrechtliche Ebene
Als „a-typisch“ gelten in der arbeitsrechtlichen Dogmatik alle Formen von Arbeitsverhältnissen, die vom klassischen, „typischen Normalarbeitsverhältnis“ abweichen. Das „typische
Normalarbeitsverhältnis“ ist eine unbefristete Beschäftigung, die in Vollzeit (also nach dem jeweiligen nationalen Arbeitszeitrecht üblicherweise in 38, 40 oder 42 Wochenstunden) erbracht wird.
Befristete Arbeitsverhältnisse gelten darüber hinaus als prekär. Prekäre Arbeitsverhältnisse liegen (u.a.) dann vor, wenn Arbeitnehmer nur schlecht oder gar nicht von ihrem Einkommen leben können, die Arbeit nicht auf Dauer angelegt ist oder unfreiwillige Teilzeitbeschäftigung vorliegt. Maßgebliche Kriterien für diese Qualifizierung sind Gefühle der ständigen Unsicherheit und Angst um die berufliche Existenz, die befristet beschäftigte Menschen in der Regel begleiten. Befristete Verträge führen überdies in vielen Fällen zu wiederholter Arbeitslosigkeit. In dieser Form beschäftigte Dienstnehmer unterliegen daher einem besonderen Anpassungsdruck. Über eine Fortsetzung der Beschäftigung nach Ablauf der Befristung entscheidet nämlich der Dienstgeber. Ihn gilt es, nicht negativ zu stimmen oder gar zu verärgern. In keiner Weise negativ auffällig zu werden, ist oberstes Anforderungsprofil.
Die Europäische Union strebt eine Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der
Arbeitnehmer innerhalb des Binnenmarktes an.39 Zur Erreichung dieses Ziels erließ sie bereits am 28. Juni 1999 eine Richtlinie40, um die Qualität befristeter Arbeitsverhältnisse zu verbessern und einen
Rahmen zu schaffen, der den Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder
Beschäftigungsverhältnisse verhindert. Zudem soll die Richtlinie auch der besseren Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt dienen. Mehr als die Hälfte der im Rahmen befristeter Dienstverhältnisse tätigen Arbeitnehmer sind nämlich Frauen.41
In ihrem § 5 ordnete die der Richtlinie angeschlossene Rahmenvereinbarung42 Maßnahmen an, um den von Seiten der Dienstgeber häufig gepflogenen Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge zu vermeiden. Den Mitgliedstaaten wurde aufgetragen, die in der Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen zu ergreifen, falls keine gleichwertigen gesetzlichen

39 Nummer 7 der bereits 1990 veröffentlichten Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer.
40 Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge; Amtsblatt Nr. L 175 vom 10/07/1999 S. 0043 – 0048.
41 Nr 9 der allgemeinen Erwägungen der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge.
42 Zur Terminologie „Richtlinie“ und „Rahmenvereinbarung“: Die Europäische Union ist durch das Primärrecht befugt, sozialpartnerschaftliche Einigungen, die als „Rahmenvereinbarungen“ bezeichnet werden, als Richtlinien zu erlassen. Diese für den kontinentaleuropäisch geschulten Rechtsanwender etwas ungeläufige
Form eines Normensetzungsverfahrens findet ihre Rechtsgrundlagen in den Artikeln 154 und 155 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union). Die Erlassung der europarechtlichen Norm in Form der Richtlinie erfolgt dergestalt, dass die als „Rahmenvereinbarung“ bezeichnete sozialpartnerschaftliche Einigung durch (in diesem Fall) einstimmigen Beschluss des Rates der Europäischen Union auf Vorschlag der
Kommission als „Richtlinie“ erlassen wird. Das Europäische Parlament wird lediglich unterrichtet. In der
(eigentlichen) Richtlinie findet sich dann die Erklärung, dass die von den Sozialpartnern geschlossene
Rahmenvereinbarung „durchgeführt werden soll“. Der materiell-rechtliche Gehalt (hier: europarechtliche Vorgaben zur mitgliedsstaatlichen Regelung befristeter Arbeitsverträge) findet sich nicht in der Richtlinie, sondern in der ihr angeschlossenen Rahmenvereinbarung. Der Nichtjurist darf in diesem Zusammenhang die Begriffe „Richtlinie“ und „Rahmenvereinbarung“ synonym verstehen.
Maßnahmen zur Missbrauchsverhinderung bestanden. Anforderungen bestimmter Branchen und/oder Arbeitnehmerkategorien durften berücksichtigt werden. Eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen waren demnach zu ergreifen:
a) die gesetzliche (oder tarif-/kollektivvertragliche) Festlegung sachlicher Gründe, die die
Verlängerung befristeter Verträge rechtfertigen;
b) die insgesamt maximal zulässige Dauer aufeinanderfolgender Arbeitsverträge oder verhältnisse;
c) die zulässige Zahl der Verlängerungen solcher Verträge oder Verhältnisse.
Die Mitgliedstaaten hatten ferner festzulegen, unter welchen Bedingungen befristete Arbeitsverträge oder Beschäftigungsverhältnisse als „aufeinanderfolgend“ zu betrachten sind oder als „unbefristete“ Verträge oder Verhältnisse zu gelten haben.
Die Mitgliedstaaten hatten die Richtlinie bis spätestens 10. Juli 2001 umzusetzen.
2 Die innerstaatliche Rechtslage an den Beispielen der §§ 109 UG und 32 ORF-G
§ 109 UG idF BGBl. I Nr. 129/2017
(1) Arbeitsverhältnisse können auf unbestimmte oder bestimmte Zeit abgeschlossen werden.
Arbeitsverhältnisse auf bestimmte Zeit sind bei sonstiger Rechtsunwirksamkeit des Arbeitsvertrags auf höchstens sechs Jahre zu befristen, sofern in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist.
(2) Eine mehrmalige unmittelbar aufeinanderfolgende Befristung ist nur bei
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die im Rahmen von Drittmittelprojekten oder
Forschungsprojekten beschäftigt werden, bei ausschließlich in der Lehre verwendetem Personal sowie bei Ersatzkräften zulässig. Die Gesamtdauer solcher unmittelbar aufeinanderfolgender Arbeitsverhältnisse einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers darf sechs Jahre, im Fall der Teilzeitbeschäftigung acht Jahre nicht überschreiten. Eine darüber hinausgehende einmalige Verlängerung bis zu insgesamt zehn Jahren, im Fall der Teilzeitbeschäftigung bis zu insgesamt zwölf Jahren, ist bei sachlicher Rechtfertigung, insbesondere für die Fortführung oder Fertigstellung von Forschungsprojekten und Publikationen zulässig.
(3) Wechselt eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer im Sinne des § 100 in eine andere
Verwendung, ist unbeschadet des Abs. 2 eine einmalige neuerliche Befristung bis zur Gesamtdauer von sechs Jahren, im Falle der Teilzeitbeschäftigung bis zu acht Jahren, zulässig, wobei die Befristungen gemäß Abs. 1, 2 und 3 entsprechend zusammenzurechnen sind. Die Höchstgrenzen des Abs. 2 dürfen nicht überschritten werden. Beschäftigungszeiten als studentische Mitarbeiterin oder studentischer Mitarbeiter bleiben unberücksichtigt.
(4) Eine andere Verwendung im Sinne des Abs. 3 liegt insbesondere dann vor, wenn durch den Wechsel eine weitere Karrierestufe (z. B. Postdoc-Stelle) erreicht wird oder der Wechsel von oder zu einer Stelle im Rahmen eines Drittmittel- oder Forschungsprojekts erfolgt.
.
§ 32 ORF-Gesetz
[…]
(1) Der Österreichische Rundfunk und seine Tochtergesellschaften haben die Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit aller programmgestaltenden Mitarbeiter sowie die Freiheit der journalistischen Berufsausübung aller journalistischen Mitarbeiter bei Besorgung aller ihnen übertragenen Aufgaben im Rahmen dieses Bundesgesetzes zu beachten. Die journalistischen Mitarbeiter dürfen in Ausübung ihrer Tätigkeit insbesondere nicht verhalten werden, etwas abzufassen oder zu verantworten, was der Freiheit der journalistischen Berufsausübung widerspricht. Aus einer gerechtfertigten Weigerung darf ihnen kein Nachteil erwachsen.
[…]
(5 ) Für journalistische und programmgestaltende Mitarbeiter des Österreichischen Rundfunks gelten auch dann, wenn sie in einem Arbeitsverhältnis zum Österreichischen Rundfunk stehen, sofern die vereinbarte oder tatsächlich geleistete Arbeitszeit während eines Zeitraumes von sechs Monaten im Monatsdurchschnitt nicht mehr als vier Fünftel des 4,3fachen der durch Gesetz oder Kollektivvertrag vorgesehenen wöchentlichen Normalarbeitszeit beträgt, folgende Bestimmungen:
1. Befristete Arbeitsverhältnisse können ohne zahlenmäßige Begrenzung und auch unmittelbar hintereinander abgeschlossen werden, ohne dass hier durch ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit entsteht.
[…]
3 Das Vorabentscheidungsverfahren EuGH C-274/18, Schuch-Ghannadan
In Bezug auf befristete Dienstverhältnisse im Allgemeinen und § 109 UG im Speziellen ist die
Situation in Österreich durch ein Spezifikum gekennzeichnet: Im Jahr 2018 legte das Arbeits- und
Sozialgericht Wien im Zusammenhang mit befristeten Dienstverhältnissen an der Medizinischen Universität Wien dem EuGH mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vor. Klägerin war eine wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität. Das Verfahren endete am 3. Oktober 2019 mit der
Entscheidung EuGH C-274/18, Schuch-Ghannadan. Inhaltlich ging es (stark zusammengefasst) um die
Frage der Zulässigkeit und der Konsequenzen aus insgesamt dreizehn befristeten
Dienstverhältnissen, die sich über einen Zeitraum von 2002 bis 2014 erstreckt hatten. Das vorlegende
Gericht vermeinte allerdings, § 109 Abs. 2 UG in der zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegenden
Fassung habe eine „ausreichende und zulässige“ Umsetzung des § 5 Nr. 1 der der Richtlinie
1999/70/EG angeschlossenen Rahmenvereinbarung dargestellt. Keine der vom Gericht zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen hatte daher zum Gegenstand, ob § 5 der Rahmenvereinbarung dem § 109 UG entgegensteht.
Folglich ist der Urteilsspruch des EuGH für das gegenständliche Thema nur wenig ergiebig. Sehr ergiebig hingegen sind die ihm Zuge des Verfahrens erstatteten Stellungnahmen des
Generalanwalts und der Kommission der Europäischen Union. Aus diesen ist hervorzuheben: In ihrer schriftlichen Erklärung trat die Kommission der Ansicht des vorlegenden Gerichts entgegen und ersuchte den Gerichtshof im Kern, vorab die Frage zu beantworten, ob § 109 Abs. 2 UG eine ausreichende Umsetzung von Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete
Arbeitsverträge darstelle. Nach Auffassung der Kommission wäre im Falle einer Verneinung der Frage durch den EuGH die Beantwortung der Vorlagefragen überflüssig.
Auf Sachverhaltsebene war im Vorlageverfahren unstrittig, dass an der beklagten Universität 75 % der männlichen Lehrenden und 70 % der männlichen Drittmittelforscher in befristeten
Teilzeitarbeitsverhältnissen beschäftigt waren. Im Bereich der weiblichen Beschäftigten waren die Zahlen noch krasser: Sie beliefen sich auf 79% bei Lehrenden und 73 % bei Drittmittelforscherinnen. Im Übrigen bezeichnete es die beklagte Universität als „selten“, dass an Universitäten tätige Personen im Rahmen wissenschaftlicher Karrieren in ein unbefristetes Dienstverhältnis übergeleitet würden.
4 Die Rechtsmeinung der Kommission der Europäischen Union
Von diesen Tatsachen ausgehend, vertrat die Kommission folgende, auf Vorjudikatur des EuGH gestützte Rechtsansichten. Diese werden nun auszugsweise und wortgetreu wiedergegeben:
„Befristete Arbeitsverhältnisse dürfen nicht zum Zweck einer ständigen und dauerhaften Wahrnehmung von Aufgaben, die normalerweise zur Tätigkeit des festen Personals gehören, verlängert werden.
Die Verlängerung befristeter Arbeitsverträge zur Deckung eines Bedarfs, der in Wirklichkeit kein zeitweiliger, sondern ein ständiger und dauerhafter ist, ist nicht im Sinne von § 5 Nr 1 Buchstabe a der Rahmenvereinbarung gerechtfertigt. Ein solcher Einsatz befristeter Arbeitsverträge läuft der Prämisse der Rahmenvereinbarung, dass unbefristete Arbeitsverträge die übliche Form des Beschäftigungsverhältnisses sind, auch wenn befristete Arbeitsverhältnisse für die Beschäftigung in bestimmten Branchen oder für bestimmte Berufe und Tätigkeiten charakteristisch ist, unmittelbar zuwider.
Zur Beachtung des § 5 Nr 1 Buchstabe a der Rahmenvereinbarung ist es erforderlich, dass konkret geprüft wird, ob die Verlängerung aufeinander folgender Arbeitsverträge zur Deckung eines zeitweiligen Bedarfs dient und ob eine nationale Bestimmung nicht in Wirklichkeit eingesetzt wird, um einen ständigen und dauerhaften Arbeitskräftebedarf des Arbeitgebers zu decken.“
Der Generalanwalt führte dazu aus:
„Aus alledem ist meines Erachtens zu schließen, dass § 109 Abs. 2 UG nicht dem Kriterium entspricht, wonach er Maßnahmen im Sinne von Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a bis c der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge enthalten muss. Im Übrigen hat das vorlegende Gericht keine
gleichwertigen gesetzlichen Maßnahmen im Sinne dieses Paragrafen angeführt, die auf den Fall der Klägerin des Ausgangsverfahrens anwendbar wären. Es ist daher festzustellen, dass der im
österreichischen Recht gemäß § 109 Abs. 2 UG zulässige Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge im Bereich der Hochschulforschung nicht mit Maßnahmen zur Verhinderung von Missbrauch einhergeht.“
Der EuGH hielt in seiner Entscheidung dazu fest, die Europäische Kommission habe sowohl in ihren schriftlichen Erklärungen als auch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, dass § 109 Abs. 2 UG keine ausreichende Umsetzung von Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge darstelle. Allerdings gehe aus der Vorlageentscheidung eindeutig hervor, dass das vorlegende Gericht § 109 Abs. 2 UG als ausreichende und zulässige Umsetzung von Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge ansieht. Somit sei eine Klärung der Bedeutung der letztgenannten Bestimmung für die Beantwortung der Vorlagefragen aus Sicht des vorlegenden Gerichts nicht erforderlich.
Im Ergebnis ließ der EuGH die von Kommission und Generalanwalt aufgeworfene Frage nach der Kompatibilität des § 109 des nationalstaatlichen UG mit § 5 der Rahmenvereinbarung unbeantwortet.
5 Die Novellierung des § 109 UG
Der österreichische Gesetzgeber sah sich durch diese Entscheidung zu einer Novellierung des Universitätsgesetzes veranlasst. Er hat nun folgenden Wortlaut:
§ 109 UG (in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 93/2021 mit Wirkung ab 1. Oktober 2021).
(1) Arbeitsverhältnisse können auf unbestimmte oder bestimmte Zeit abgeschlossen werden. Arbeitsverhältnisse auf bestimmte Zeit sind bei sonstiger Rechtsunwirksamkeit des
Arbeitsvertrags einmalig bis zu einer Dauer von höchstens sechs Jahren zu befristen, sofern in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist.
(2) Eine zweimalige Verlängerung bzw. ein zweimaliger neuerlicher Abschluss befristeter Arbeitsverhältnisse von Personen, die dem wissenschaftlichen und künstlerischen Universitätspersonal gemäß § 94 Abs. 2 angehören, ist bis zu einer Gesamtdauer von acht Jahren unter Berücksichtigung von Abs. 1 zulässig.
(3) Unbeschadet der zulässigen Gesamtdauer gemäß Abs. 1 und 2 finden Arbeitsverhältnisse, die überwiegend zur Durchführung von Drittmittelprojekten oder Forschungsprojekten abgeschlossen werden, bei der Feststellung der höchstzulässigen Anzahl von befristeten Arbeitsverhältnissen keine Berücksichtigung.
(4) Wechselt eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer in eine Verwendung gemäß § 94 Abs. 2 Z 1, ist eine einmalige neuerliche Befristung bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig.
(5) Bei Ersatzkräften ist eine mehrmalige Verlängerung oder ein mehrfacher neuerlicher Abschluss von Arbeitsverhältnissen bis zur Gesamtdauer von sechs Jahren zulässig.
(6) Bei ausschließlich in der Lehre verwendetem Personal ist eine mehrmalige Verlängerung oder ein mehrfacher neuerlicher Abschluss von Arbeitsverhältnissen innerhalb von acht Studienjahren zulässig.
(7) Arbeitsverhältnisse, die auch den Abschluss eines Doktoratsstudiums zum Inhalt haben, bleiben bis zum Ausmaß von bis zu vier Jahren für die höchstzulässige Gesamtdauer und die höchstzulässige Anzahl der Arbeitsverhältnisse unberücksichtigt. Ebenso unberücksichtigt bleiben Arbeitsverhältnisse als studentische Mitarbeiterin oder als studentischer Mitarbeiter.
(8) Unberücksichtigt bleiben Zeiten gemäß § 20 Abs. 3 Z 1 des gemäß § 108 Abs. 3 abgeschlossenen Kollektivvertrages für die ArbeitnehmerInnen der Universitäten (KV) in der am 1. Mai 2021 geltenden Fassung.
(9) Bei der Feststellung der höchstzulässigen Gesamtdauer der Arbeitsverhältnisse gemäß Abs. 1, 2, 5 und 6 sind alle Arbeitsverhältnisse zur Universität zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob die Arbeitsverhältnisse unmittelbar aufeinanderfolgen.

6 Beurteilung der novellierten Fassung des § 109 UG und des § 32 ORF-G:
§ 109 UG erfuhr im Jahr 2021 als Folge des Verfahrens vor dem EuGH in der Rechtssache C-274/18, Schuch-Ghannadan eine inhaltliche Änderung. Zu fragen ist, ob diese Änderung den europarechtlich zwingend umzusetzenden Vorgaben der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge entspricht.
Dies ist aus folgenden Gründen offenkundig nicht der Fall.
Die Mitgliedstaaten hatten nach Art 5 Z 2 lit b der Rahmenvereinbarung festzulegen, unter welchen Bedingungen befristete Arbeitsverträge oder Beschäftigungsverhältnisse als unbefristete Verträge oder Verhältnisse zu gelten haben. Die novellierte Fassung des § 109 UG entspricht dieser Vorgabe nicht. Ganz im Gegenteil ordnet er die „Rechtsunwirksamkeit“ der befristeten Arbeitsverträge an, die den Bestimmungen des § 109 UG zuwider laufen. Im Sinne der Zielrichtung der Richtlinie, Missbrauch zu verhindern, wäre festzulegen gewesen, unter welchen Bedingungen befristete Verträge als unbefristete Verträge gelten.
Mit keinem Wort wird den Bedenken der Kommission der Europäischen Union Rechnung getragen, dass befristete Dienstverhältnisse nicht dazu geeignet sind, Dienstnehmern Aufgaben zu übertragen, die „normalerweise“ zur Tätigkeit des festen Personals gehören. Angesichts von 70 bis 80 Prozent befristeter Teilzeitarbeitsverhältnisse an der verfahrensinvolvierten Universität kann dies nur als höchst auffällig bezeichnet werden.
Die insgesamt maximal zulässige Dauer aufeinanderfolgender Arbeitsverträge sowie die zulässige Zahl der Verlängerungen solcher Verträge werden in der Rahmenvereinbarung zwar nicht ziffernmäßig definiert, indes ist die sozialpolitische Zielrichtung eindeutig: Die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer innerhalb des Binnenmarktes sollen verbessert werden. Das bedeutet, dass Arbeitnehmern jedenfalls die von befristeten Verträgen ausgehenden Lasten der Unsicherheit und des disziplinären Drucks genommen werden sollen. Zulässige Befristungen über einen Zeitraum von acht Jahren sind nach meinem Verständnis nicht geeignet, dieser Zielrichtung zu entsprechen. Diese Wertung wird dadurch noch enorm verstärkt, dass Arbeitsverhältnisse überwiegend zur Durchführung von Drittmittel- oder Forschungsprojekten für die höchstzulässige
Anzahl von befristeten Arbeitsverhältnissen gar nicht (!) berücksichtigt werden. In den Übergangsbestimmungen (!) des § 143 Abs. 83 – 85 finden sich weitere Einschränkungen von Anrechnungsmöglichkeiten, so beispielsweise Zeiten eines Doktoratsstudiums im Ausmaß von bis zu vier Jahren, die an derselben Universität in einem Arbeitsverhältnis verbracht wurden, das in einem untrennbaren inhaltlichen Zusammenhang mit dem Doktoratsstudium stand. Unter solchen Bedingungen können sich Befristungen auf bis zu zwölf Jahre erstrecken.
Kein nachvollziehbarer Grund für die Zulässigkeit praktisch unbeschränkter Befristungen innerhalb von acht Studienjahren findet sich im Hinblick auf das ausschließlich in der Lehre verwendete Personal. Die Bestimmung widerspricht somit krass sowohl den sozialpolitischen Richtlinienvorgaben als auch der Rechtsansicht der Kommission, wonach befristete Arbeitsverhältnisse nicht zum Zweck einer ständigen und dauerhaften Wahrnehmung von Aufgaben, die normalerweise zur Tätigkeit des festen Personals gehören, verlängert werden dürfen.
Was § 32 Abs 5 Z 1 ORF-G und damit die im Arbeitsrecht der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt normierte, unbeschränkte Zulässigkeit befristeter Teilzeitarbeitsverhältnisse anlangt, kann nur ein vollumfänglicher Widerspruch zu § 5 der Rahmenvereinbarung konstatiert werden.
Der österreichische Gesetzgeber ist meines Erachtens den Umsetzungsvorgaben der Richtlinie (bis spätestens 10. Juli 2001) mehrfach nicht nachgekommen.
7 Erweiterter Kündigungsschutz von wissenschaftlichem und künstlerischem Universitätspersonal
Ein effektiver Kündigungsschutz von wissenschaftlichem Personal an Universitäten ist gesetzlich nicht vorgesehen. Lediglich auf der Ebene eines im Jahr 2009 in Kraft getretenen Kollektivvertrags finden sich über den allgemeinen Kündigungsschutz hinausgehende Kündigungsbeschränkungen, die grundsätzlich erst nach zwanzig (!) Dienstjahren, je nach Lebensalter u.U. auch früher, eintreten.
Die Kündigung von wissenschaftlichem oder künstlerischem Universitätspersonal ist nach § 22 Abs 7 des Kollektivvertrags allerdings „generell rechtsunwirksam, wenn sie wegen einer vom/von der ArbeitnehmerIn in Forschung/Entwicklung und Erschließung der Künste oder Lehre vertretenen Auffassung oder Methode erfolgt“.
Diese Kündigungsbeschränkung klingt vordergründig überzeugend, deren praktische Effizienz hängt jedoch regelmäßig vom Erfindungsreichtum der Dienstgeberseite ab. Der die
Kündigungsbeschränkung des § 22 Abs 7 des Kollektivvertrags in Anspruch nehmende Dienstnehmer muss damit rechnen, dass der im Gerichtsverfahren anwaltlich vertretene Dienstgeber mindestens fünf schwerste Verfehlungen behaupten wird, die mit einer Inanspruchnahme der Wissenschafts- und Lehrfreiheit in keinem Zusammenhang stünden. Unabhängig vom Wahrheitsgehalt steht der Dienstnehmer dann jedenfalls vor dem prozessrechtlichen Problem, diese Behauptungen zu entkräften. Die Methode wird dienstgeberseitig häufig angewendet, um Dienstnehmer im arbeitsgerichtlichen Verfahren zum Einlenken zu zwingen.
Universitätsprofessoren sind im Rahmen unbefristeter Dienstverhältnisse aufzunehmen, jedoch können unter verschiedenen Voraussetzungen auch befristete Arbeitsverträge abgeschlossen werden.52 V Fazit:
Wissenschafts- und Lehrfreiheit bilden Grund- und Menschenrechte, die historisch nur unter großen Opfern auf Seiten des Volkes den Institutionen Königs-/Kaiserhaus und Kirche abgerungen werden konnten. Heute sind diese Freiheiten mehrfach und meist auf verfassungsrechtlicher Ebene abgesichert. Umso schwerer ist es für die im Staat faktisch Macht ausübende Personen und Institutionen, ihren Intentionen zuwiderlaufende wissenschaftliche Erkenntnisse und deren Verbreitung in den Griff zu bekommen. Der über die Rechte der EMRK letztinstanzlich entscheidende EGMR in Straßburg gilt als konsequenter (um nicht zu sagen rigider) Verteidiger der Menschenrechte. Allzu leicht können sich Konventionsstaaten in Straßburg eine wenig rühmliche Niederlage und dazu auch noch einen Entschädigungsanspruch zugunsten des die Rechte der EMRK einfordernden Bürgers einhandeln.
Von allzu offenkundigen Beschränkungen der Wissenschafts- und Lehrfreiheit, sei es durch Gesetze, sei es durch behördliche Vollzugsakte, pflegen Mitgliedsstaaten der Konvention daher eher abzusehen.
Befristete Dienstverhältnisse lassen bei bloß oberflächlicher Betrachtung zunächst keinen Gedanken an eine Beschränkung der menschen- und grundrechtlich gesicherten Meinungsfreiheit und der Freiheit der Wissenschaft und Lehre aufkommen. Eine detaillierte Auseinandersetzung eröffnet allerdings andere – gegenteilige – Perspektiven. Befristet beschäftigte Personen bangen kontinuierlich um ihre wirtschaftliche Existenz. Das führt zu einer rigiden Disziplinierung zu Gunsten mehr oder weniger offenkundig vorliegender Interessen des Dienstgebers. Jeder wissenschaftlich oder journalistisch tätige Dienstnehmer im befristeten Dienstverhältnis wird sich hüten, auch nur ein Wort zu verbreiten, das den über sein zukünftiges wirtschaftliches Wohl entscheidenden Dienstgeber ungnädig zu stimmen geeignet ist.
Selbstverständlich können auch unbefristete Dienstverhältnisse beendet werden, jedoch ist die
Hemmschwelle für den Dienstgeber beim Ausspruch einer Kündigung größer als beim
Auslaufenlassen einer Befristung. Das hat durchaus gute Gründe. Eine Kündigung kann der
Dienstnehmer nämlich nach verschiedenen Kriterien des Arbeitsverfassungsrechts (unter Umständen auch im Rahmen anderer arbeitsrechtlicher Gebiete) anfechten. Dann muss sich der Dienstgeber erklären. Das kann unangenehm, im Falle einer Grundrechtsbeeinträchtigung sogar gefährlich werden. Lässt er jedoch bloß eine Befristung auslaufen, droht ihm (im Allgemeinen) kaum eine Gefahr.
Ein Schelm, der Böses dabei denkt, wenn staatliche Machthaber gerade dort, wo ihnen der massivste
Widerspruch droht, nämlich in der Wissenschaft und im Journalismus, die Disziplinierung auf die
Spitze treiben. Indes eignet sich der Umweg über befristete Dienstverhältnisse als durchaus elegante – weil unauffällige – Methode zur Erreichung des Zwecks, Dienstnehmer im Griff zu halten. Nebenher stehen noch Ausreden offen. Man könnte ja auch bloß etwas vergessen oder übersehen haben. Und überhaupt finden sich genug Experten, die wortreich erklären, dass das staatliche Handeln oder Unterlassen auch ganz rechtskonform interpretiert werden kann.
Sehr auffällig ist es allerdings schon, dass der österreichische Gesetzgeber die Zulässigkeit von Befristungen und damit die Disziplinierung von Dienstnehmern sozusagen mit Zähnen und Klauen gerade in jenen Berufszweigen verteidigt, aus denen der größte und im Falle der Wissenschaft auch der am besten begründete Widerspruch zu politischem Handeln kommen kann. Das sollte für sich alleine zur Hinterfragung der gesetzgeberischen Motive im Zusammenhang mit § 109 UG und § 32 ORF-G anregen. Dass die genannten Bestimmungen im Falle des § 109 UG mehr oder weniger, im
Falle des § 32 UG jedoch krass gegen zwingend umzusetzendes Europarecht verstoßen, lässt für gut gemeinte Interpretationen allerdings kaum mehr einen Raum. Dem Gesetzgeber darf jedenfalls nicht unterstellt werden, Gesetze ohne Sinn und Zweck zu schaffen.
Die Frage, ob das gesetzgeberische Verhalten korrupt ist, ist auf strafrechtlicher Ebene obsolet. Strafrechtlich relevant können nur die in Person der Abgeordneten abstimmenden Mitglieder der gesetzgebenden Körperschaft handeln. Jeder Versuch einer Verfolgung wird realiter an der ihnen eingeräumten Immunität scheitern.
Abseits einer strafrechtlichen Beurteilung darf auf die vielfältigen Definitionsversuche zum Begriff Korruption verwiesen werden. Einige davon lassen produktive Ergebnisse im Zusammenhang mit der
hier abgehandelten Fragestellung nicht ausschließen. Die dem Schrifttum entnommenen Korruptionsdefinitionen von Eder-Rieder und Kriele sind jedenfalls erfüllt.





Die Staatenbildung begann mit der Sesshaftwerdung größerer Gruppen von Menschen. Historiker datieren sie zeitlich ins vierte bis dritte Jahrtausend vuZ, geographisch in das Gebiet zwischen Euphrat und Tigris. In den griechischen Stadtstaaten , insbesondere in Athen und Sparta, wurden bereits die wichtigsten Begriffe der Staatslehre wie Demokratie, Oligarchie, Monokratie, Monarchie, Aristokratie, Ochlokratie, Republik formuliert und mit Inhalten versehen. Selbst die Gewaltenteilung fand sich bereits bei Aristoteles , erreichte ihre neuzeitliche Fassung aber erst 1748 bei
Montesquieu . Seit Jelinek und dessen Drei-Elemente-Lehre sind die konstituierenden Merkmale eines Staates ein durch Grenzen definiertes Territorium (Staatsgebiet), eine ansässige Gruppe von Menschen (Staatsvolk) und eine innerhalb der Grenzen bestehende Staatsgewalt.
Montesquieu postulierte eine Gewaltenteilung in gesetzgebende, vollziehende und richterliche Gewalt. Diese Gewaltenteilung ist gegenwärtig (wenn auch in unterschiedlichen Ausformungen) in allen westlichen Verfassungsstaaten verwirklicht. Als gesetzgebende Gewalt fungieren Parlamente in Gestalt uni- oder bikameraler Vertretungskörper, deren Mitglieder vom Staatsvolk gewählt werden.
Dazu bestimmen die Art 24, 26 des österreichischen Bundesverfassungsgesetzes (B-VG): „Die
Gesetzgebung des Bundes übt der Nationalrat gemeinsam mit dem Bundesrat aus. […] Der Nationalrat wird vom Bundesvolk […] nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt.“
Arbeitsrechtliche Angelegenheiten sind nach Art 10 Abs 1 Z 11 des B-VG Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung. Der zur Erlassung arbeitsrechtlicher Normen verfassungsrechtlich berufene Vertretungskörper in Österreich ist der Nationalrat. Um dessen Praxis bei der Erlassung innerstaatlicher Normen auf einem Gebiet des Arbeitsrechts geht es in den nachfolgenden Ausführungen. Damit einhergehend werden die grundrechtlich normierte Wissenschafts- und Lehrfreiheit und letztlich die Umsetzung europarechtlichen Sekundärrechts erörtert.
II Korruption

1 Allgemeines
In der juristischen Fachterminologie wie auch in der Umgangssprache ist Korruption ein häufig verwendeter Begriff. Eine für alle Bereiche der Rechtsanwendung verbindliche und einheitliche Definition existiert nicht. Die Durchsicht verschiedener Quellen auf nationaler und internationaler Ebene liefert eine fast schon unüberschaubare Zahl von Definitionen. Dazu gesellen sich Definitionen privater und öffentlich-rechtlicher Organisationen. Nur demonstrativ werden im folgenden Text einige angeführt.

2 Innerstaatliches Verständnis
Das österreichische Innenministerium folgt der Definition von Transparency International (TI) .
Demnach handelt es sich bei Korruption um den „Missbrauch von anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil“. An manchen Stellen des Internetauftritts von TI wird diese Definition ergänzt um ein Element des strafrechtlichen Vorsatzbegriffs, nämlich um das Wort „bewusst“. Die Definition lautet dann, Korruption sei der “bewusste Missbrauch von anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil“.
Von dieser, einem eher umgangssprachlichen Verständnis verpflichteten Definition, ist der innerstaatlich-strafrechtliche Korruptionsbegriff zu unterscheiden. Er umfasst größtenteils – aber nicht ausschließlich – Verhaltensweisen, die darin bestehen, zur Erreichung eines (nicht zwingend verpönten) Zieles Geld oder geldwerte Vorteile an einen Entscheidungsbefugten mit der Zielsetzung zu geben, dass dieser die gewünschte Entscheidung herbeiführt oder selber trifft. Natürlich ist die im
Interesse des zahlenden Auftraggebers gesetzte Handlung in gleicher Weise Korruption wie die Entgegennahme des Geldes oder eines sonstigen Vorteils. Eine solche Definition greift für den gesamten innerstaatlichen Strafrechtsbereich jedoch zu kurz. Im zweiundzwanzigsten Abschnitt „Strafbare Verletzungen der Amtspflicht, Korruption und verwandte strafbare Handlungen“ finden sich im österreichischen Strafgesetzbuch (StGB) insgesamt sechzehn Straftatbestände. Sie reichen von „Missbrauch der Amtsgewalt“ über „Bestechlichkeit“, „Bestechung“ und „Verbotene Intervention“ bis zu „Folter“ und „Verschwindenlassen einer Person“. Eine Definition des Korruptionsbegriffs als solchen sucht man indes vergebens.
Die Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption ist in Österreich einer zentralen Staatsanwaltschaft in Form der im Jahre 2011 errichteten Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zugewiesen. Nach den Zuständigkeitsbestimmungen der Strafprozessordnung (StPO ) obliegen ihr (ua) die Leitung des Ermittlungsverfahrens, dessen Beendigung […] sowie die Einbringung der Anklage […] der im § 20a Abs 1 StPO detailliert aufgezählten Delikte. § 20b Abs 2 StPO definiert wohl den Begriff Wirtschaftsstrafsachen, nicht jedoch den Begriff Korruption.
3 Schrifttum
Im facheinschlägigen Schrifttum kann ernsthaften und weniger ernsthaften Versuchen begegnet werden, dem Begriff Korruption Inhalte zu geben. Nur demonstrativ seien dargestellt:
Eder-Rieder definiert Korruption als „jede Art von Pflichtwidrigkeit und Missbrauch einer eingeräumten Befugnis bzw Vertrauensstellung in einer Funktion in Verwaltung, Wirtschaft und Politik im Austausch gegen einen materiellen oder immateriellen Vorteil, auf den kein rechtlich begründeter Anspruch besteht“.
Rönnau sieht Korruption gekennzeichnet durch „den regelwidrigen Tausch von Vorteilen, präziser den regelwidrigen Tausch einer Entscheidung (bzw. Einflussnahme auf eine solche) oder einer Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen – gegen einen Vorteil“.
Kriele definiert Korruption „im marktwirtschaftlich organisierten Staatswesen als einen Vorgang der
Uminterpretation der Verfassung, insbesondere seiner Grundrechte im Dienste individueller Interessen auf Kosten der Interessen anderer und schließlich auf Kosten des Verfassungsstaats und der Menschenwürde selbst“. Im Zentrum von Krieles Überlegungen steht das Gemeinwohlinteresse. Die besitzindividualistische Korrumpierung erst der Marktwirtschaft, dann des Verfassungsstaats bildet den Ausgangspunkt seiner Definition.
Elisabeth Köck zitiert in ihrer systematischen Darstellung des österreichischen Wirtschaftsstrafrechts
Wikipedia. Demnach „ist Korruption (von lateinisch corruptio: ‚Verderbnis, Verdorbenheit,
Bestechlichkeit‘) der Missbrauch einer Vertrauensstellung“.
4 Überstaatliche Ebene
Das im Jahr 1999 vom Europarat geschaffene und am 1. Juli 2002 in Kraft getretene
Strafrechtsübereinkommen über Korruption sieht in Korruption „eine Bedrohung der
Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Menschenrechte. Korruption verzerrt den Wettbewerb und die Grundsätze verantwortungsbewussten staatlichen Handelns und der Billigkeit. Sie untergräbt soziale Gerechtigkeit, behindert die wirtschaftliche Entwicklung und die Stabilität der demokratischen Institutionen und gefährdet die sittlichen Grundlagen der Gesellschaft“. Damit werden die Folgen von Korruption umschrieben. Eine Definition findet sich nicht.
Im Gegensatz zum Strafrechtsübereinkommen über Korruption enthält das gleichfalls dem Europarat entstammende Zivilrechtsübereinkommen über Korruption eine Definition. Nach Artikel 2 bezeichnet Korruption „das unmittelbare oder mittelbare Fordern, Anbieten, Gewähren, Annehmen oder
Inaussichtstellen von Bestechungsgeldern oder eines anderen ungerechtfertigten Vorteils, das die Erfüllung der dem Begünstigten obliegenden Pflichten beeinträchtigt oder dazu führt, dass er sich nicht wie geboten verhält“.
Das auf der Ebene der Vereinten Nationen 2002 errichtete und in Österreich in seiner Urfassung
2004 in Kraft getretene Übereinkommen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität umschreibt Korruption in Art 8 (Kriminalisierung der Korruption) als:
„a) das Versprechen, das Angebot oder die Gewährung eines ungerechtfertigten Vorteils unmittelbar oder mittelbar an einen Amtsträger für diesen selbst oder für eine andere Person oder einen anderen Rechtsträger als Gegenleistung dafür, dass der Amtsträger bei der Ausübung seiner
Dienstpflichten eine Handlung vornimmt oder unterlässt;
b) die unmittelbare oder mittelbare Forderung oder Annahme eines ungerechtfertigten Vorteils durch einen Amtsträger für diesen selbst oder für eine andere Person oder einen anderen Rechtsträger als Gegenleistung dafür, dass der Amtsträger bei der Ausübung seiner Dienstpflichten
eine Handlung vornimmt oder unterlässt. […]
Desgleichen erwägt jeder Vertragsstaat, andere Formen der Korruption als Straftaten zu umschreiben“.
5 Zwischenfazit
Korruption hat national- und überstaatlich eine enorme strafrechtliche Bedeutung. Trotzdem kennt die innerstaatliche Strafrechtsordnung weder einen spezifischen Korruptionstatbestand noch eine verbindliche Definition. Dem Begriff Korruption unterwirft sie vielmehr eine Reihe namentlich aufgezählter Delikte, deren Deckung mit dem allgemeinen Sprachverständnis, das mit Korruption einhergeht, der Beurteilung des Betrachters obliegt. Bei Delikten wie Folter oder dem Verschwindenlassen einer Person scheint der Bezug zu Korruption zumindest auf den ersten Blick etwas weit hergeholt. Überstaatliche Rechtsnormen des Europarats und der Vereinten Nationen enthalten Definitionen, die nicht deckungsgleich sind. Der Rechtssicherheit zuträglich sind diese Umstände nicht.
Abseits professioneller Rechtsanwender darf sich der mit Korruption befassende Bürger – ganz nach Belieben und vergleichbar einem Supermarktregal – aus einer Vielzahl von Definitionen bedienen. Wenig wahrscheinlich ist, dass er auch nur eine davon kennt. Der Begriff Korruption scheint damit im allgemeinen Sprachgebrauch zur beliebigen Anwendung zu verkommen.

III Menschen-, Grund- und Bürgerrechte
1 Allgemeines und Historisches
Nach dem Verständnis der österreichischen Bundesregierung besitzt jede Person, allein aufgrund der
Tatsache des Menschseins, Würde. Um diese Menschenwürde zu schützen, stehen dem Menschen Rechte zu, welche unveräußerlich und unteilbar sind. Der Jurist hat allerdings zu unterscheiden:
Der eben angeführte singularistische (in aller Regel religiös motivierte) Menschenrechtsbegriff gewährt dem Einzelnen noch kein Recht. Er bildet vielmehr eine rechtsphilosophische Konstruktion.
Erst durch gesetzgeberische Akte auf nationalstaatlicher oder überstaatlicher Ebene können diese
Konstruktionen in Kodifikationen übergeführt werden, die dem Bürger gegenüber dem Staat
Rechtspositionen einräumen. Am Ende dieser Entwicklung und wenn das vorher abstrakte
Menschenrecht mit einem effektiven Rechtsdurchsetzungsverfahren versehen worden ist, kann von Grund- oder auch Bürgerrechten gesprochen werden. Grundrechte sind dann regelmäßig in nationalstaatlichen Verfassungen verankerte Menschenrechte, die durchgesetzt werden können. Stehen solche Rechte nur Staatsbürgern, nicht aber Fremden zu, ist von Bürgerrechten die Rede.
Die maßgeblichen Rechtsgrundlagen sind gegenwärtig die Europäische Menschenrechtskonvention
(EMRK, Art 10), die Grundrechtecharta der Europäischen Union (GRC, Art 10, 13) und österreichspezifisch das Staatsgrundgesetz aus dem Jahr 1867 (StGG). Letzteres normiert in Art. 17 die Wissenschaftsfreiheit.
Art 17 StGG lautet:
Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei.
Art 17 StGG hat seine Wurzeln in der Aufklärung. Gedanken-, Meinungs-, Rede- und Pressefreiheit sollten Überwachungen und Einschränkungen durch absolutistisch herrschende Adelshäuser, kirchliche Institutionen und Feudalherrn entzogen werden. Im Vormärz (im Allgemeinen die Zeit zwischen 1815 und 1848) konnten Lehrinhalte, die als Gefährdung von Staat und Religion angesehen wurden, jederzeit Sanktionen wie Lehrverbot, Amtsenthebung, Landesverweisung oder Haft nach sich ziehen. Nach den Intentionen aufgeklärter Bürger sollten daher freie Wissenschaft und
Lehrfreiheit garantiert werden. Die 1867 in das österreichische Staatsgrundgesetz aufgenommene
Bestimmung steht nach wie vor in Geltung. Seinerzeit wurde sie vom Entwurf des
Verfassungsausschusses der Frankfurter Nationalversammlung25 über die „Grundrechte des deutschen Volkes“ rezipiert.26
Art 17 StGG wurde in Österreich im Jahr 2008 durch den in das B-VG eingefügten Art 81c ergänzt. Die Bestimmung lautet:
(1) Die öffentlichen Universitäten sind Stätten freier wissenschaftlicher Forschung, Lehre und Erschließung der Künste. Sie handeln im Rahmen der Gesetze autonom und können Satzungen erlassen. Die Mitglieder universitärer Kollegialorgane sind weisungsfrei. […]
(3) In Angelegenheiten des Dienstrechts der ernannten berufsmäßigen
Universitätsangehörigen geht der Instanzenzug bis zum zuständigen Bundesminister.
Art 81c B-VG wird als Garantie für die Existenz öffentlicher, staatsunabhängiger (autonomer) Universitäten verstanden. Die individuellen Gewährleistungen des Art 17 StGG sollen durch die institutionelle Garantie autonomer Universitäten ergänzt werden. Der Vollständigkeit und Aktualität halber ist festzuhalten:
Grundrechte sind kein Ergebnis einfacher gesetzlicher Entwicklungen. In Österreich, Deutschland und
Frankreich wurden sie im 18. und 19. Jahrhundert unter blutigen Opfern erkämpft. Kämpfer für Grundrechte waren Arbeiter, Bürger und Studenten. Deren Gegner waren Adel und Kirche. Wegen des äußerst brutalen Vorgehens der die staatliche und kirchliche Gewalt verteidigenden Truppen forderten die Auseinandersetzungen Tausende Tote, Verstümmelte und Verletzte. Viele starben durch Hinrichtung. Diese Umstände sollen jenen eine ernste Warnung sein, die heute, in der Regel bar jedes historischen Wissens, dafür umso lauter, fahrlässig mit Grundrechten umgehen, sie zu Gunsten einfachst gestrickter Ideologien aufs Spiel setzen oder überhaupt gleich zur Disposition stellen. Eine Warnung sei aber auch an jene gerichtet, die solchem Treiben tatenlos zusehen. Ein Verlust grundrechtlicher Positionen würde angesichts der dafür maßgeblichen Umstände kaum leichter rückgängig zu machen sein, als deren Erringung im Laufe von Jahrzehnten blutiger
Auseinandersetzungen. Im Falle einer von vielen angestrebten Wiedererstarkung von Religionen mit Einfluss auf das Staatswesen muss überhaupt ein Verschwinden des modernen Grundrechtsbestandes für Jahrhunderte befürchtet werden.
2 Inhalt der Wissenschafts- und Lehrfreiheit
Das Grundrecht steht jedermann zu, der wissenschaftlich forscht oder lehrt. Er darf hierbei vom Staat keinen spezifischen, intentional auf die Einengung dieser Freiheit gerichteten Beschränkungen unterworfen werden.
Wissenschafts- und Lehrfreiheit garantieren das Recht der freien wissenschaftlichen Forschung und das Recht, die Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung frei zu lehren.
Wissenschaftliche Forschung besteht im Streben nach Erkenntnis innerhalb eines frei wählbaren Forschungsobjekts.
Die Berufung auf Wissenschaftsfreiheit setzt allerdings die Anwendung anerkannter Methoden der Wissenschaft und die Möglichkeit der Objektivierung gewonnener Erkenntnisse voraus. Letzteres geschieht dadurch, dass das Ergebnis der Forschung zur Überprüfung, Diskussion und gegebenenfalls Objektivierung durch andere Vertreter der Wissenschaft freigestellt wird. Die Methode dazu ist die Publikation. Das Glauben, Meinen, Dafürhalten, Obskurantismus oder Mystizismus u.Ä. sind keine Gegenstände der akademischen Wissenschafts- oder Lehrfreiheit.
Das Grundrecht des Art 17 StGG darf weder durch Gesetz noch durch Maßnahmen der Vollziehung intentional beschränkt werden. Dies gilt auch für das durch den Gesetzgeber geschaffene Arbeitsrecht für wissenschaftliches Personal an Universitäten.32
Abseits des Schutzes durch Art 17 StGG ist die Wissenschafts- und Lehrfreiheit auch durch die in Art
10 EMRK gewährleistete Freiheit der Meinungsäußerung geschützt. Eine weitere Schutznorm ist Art 13 GRC, der die Freiheit der Kunst und der Wissenschaft zum Gegenstand hat. Demnach sind Kunst und Forschung frei. Die akademische Freiheit wird geachtet.
Auch Art 10 EMRK schützt die Freiheit der Meinungsäußerung für jedermann, das bedeutet, dass Personen unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit geschützt sind. Dem Schutz unterliegen auch juristische Personen. Staatliche Eingriffe durch Gesetzgebung oder Vollziehung sind verboten, soweit sie nicht im Gesetzesvorbehalt des Art 10 Abs 2 EMRK Deckung finden. Der Gesetzesvorbehalt umfasst Einschränkungen, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer unentbehrlich sind, um die Verbreitung von vertraulichen Nachrichten zu verhindern oder das Ansehen und die Unparteilichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten.
3 Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit
Auf arbeitsrechtlicher Ebene liegen zu Art 10 EMRK einige Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vor, aus denen die folgenden hervorzuheben sind:
In der Entscheidung Heinisch v. Germany stellt der EGMR fest, dass eine gerichtlich bestätigte
Kündigung einer Dienstnehmerin (im konkreten Fall wegen des Aufdeckens von Missständen und der Erstattung einer Strafanzeige) gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung verstoßen kann.
In der Entscheidung Vogt v. Germany ging es um eine pragmatisierte Lehrerin, deren fachliche Kompetenz und berufliches Engagement als „durchaus zufriedenstellend“ bewertet worden waren. Im Jahr 1982 wurde gegen die Lehrerin ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Wegen der Teilnahme an politischen Aktivitäten der DKP habe sie gegen die politische Treuepflicht gemäß § 61 (2) des Niedersächsischen Beamtengesetzes verstoßen. Die Lehrerin wurde zuerst vom Dienst suspendiert, kurz darauf erfolgte als Disziplinarstrafe ihre Entlassung. Der EGMR entschied, die Entlassung aus dem Staatsdienst aufgrund der Mitgliedschaft in einer Partei verstoße gegen die Art. 10 und 11 EMRK.
In der Entscheidung Lombardi Vallauri v. ITA war der Beschwerdeführer als Hochschullehrer für
Rechtsphilosophie an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der „Katholischen Universität vom Heiligen Kreuz' in Mailand tätig. Er war über einen Zeitraum von 20 Jahren (!) hinweg auf der Basis von zeitlich befristeten Dienstverträgen angestellt. Im Verlauf der Jahre 1998/99 bewarb er sich neuerlich für diesen Posten. Mit Schreiben vom 26.10.1998 setzte die „Kongregation für katholische Erziehung' den Rektor darüber in Kenntnis, dass gewisse Positionen des Beschwerdeführers der katholischen Lehre klar entgegenstehen würden und dass er dort im Interesse der Wahrheit, des Wohls der Studenten und jenes der Universität nicht länger unterrichten solle. Eine Konkretisierung der Vorwürfe erfolgte auch über Rückfrage nicht. Es kam zu keiner Vertragsverlängerung. Der EGMR entschied, die Entscheidung des Fakultätsausschusses, die Kandidatur des Beschwerdeführers nicht in Erwägung zu ziehen, stelle einen Eingriff in dessen Meinungsäußerungsfreiheit dar.
In der Entscheidung Glasenapp v. Ger entschied der EGMR, eine Beamtenstellung nehme der diese
Stellung einnehmenden Person nicht den durch Art. 10 EMRK gewährten Schutz.38

IV Befristete Dienstverhältnisse
1 Die unionsrechtliche Ebene
Als „a-typisch“ gelten in der arbeitsrechtlichen Dogmatik alle Formen von Arbeitsverhältnissen, die vom klassischen, „typischen Normalarbeitsverhältnis“ abweichen. Das „typische
Normalarbeitsverhältnis“ ist eine unbefristete Beschäftigung, die in Vollzeit (also nach dem jeweiligen nationalen Arbeitszeitrecht üblicherweise in 38, 40 oder 42 Wochenstunden) erbracht wird.
Befristete Arbeitsverhältnisse gelten darüber hinaus als prekär. Prekäre Arbeitsverhältnisse liegen (u.a.) dann vor, wenn Arbeitnehmer nur schlecht oder gar nicht von ihrem Einkommen leben können, die Arbeit nicht auf Dauer angelegt ist oder unfreiwillige Teilzeitbeschäftigung vorliegt. Maßgebliche Kriterien für diese Qualifizierung sind Gefühle der ständigen Unsicherheit und Angst um die berufliche Existenz, die befristet beschäftigte Menschen in der Regel begleiten. Befristete Verträge führen überdies in vielen Fällen zu wiederholter Arbeitslosigkeit. In dieser Form beschäftigte Dienstnehmer unterliegen daher einem besonderen Anpassungsdruck. Über eine Fortsetzung der Beschäftigung nach Ablauf der Befristung entscheidet nämlich der Dienstgeber. Ihn gilt es, nicht negativ zu stimmen oder gar zu verärgern. In keiner Weise negativ auffällig zu werden, ist oberstes Anforderungsprofil.
Die Europäische Union strebt eine Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der
Arbeitnehmer innerhalb des Binnenmarktes an.39 Zur Erreichung dieses Ziels erließ sie bereits am 28. Juni 1999 eine Richtlinie40, um die Qualität befristeter Arbeitsverhältnisse zu verbessern und einen
Rahmen zu schaffen, der den Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder
Beschäftigungsverhältnisse verhindert. Zudem soll die Richtlinie auch der besseren Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt dienen. Mehr als die Hälfte der im Rahmen befristeter Dienstverhältnisse tätigen Arbeitnehmer sind nämlich Frauen.41
In ihrem § 5 ordnete die der Richtlinie angeschlossene Rahmenvereinbarung42 Maßnahmen an, um den von Seiten der Dienstgeber häufig gepflogenen Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge zu vermeiden. Den Mitgliedstaaten wurde aufgetragen, die in der Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen zu ergreifen, falls keine gleichwertigen gesetzlichen

39 Nummer 7 der bereits 1990 veröffentlichten Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer.
40 Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge; Amtsblatt Nr. L 175 vom 10/07/1999 S. 0043 – 0048.
41 Nr 9 der allgemeinen Erwägungen der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge.
42 Zur Terminologie „Richtlinie“ und „Rahmenvereinbarung“: Die Europäische Union ist durch das Primärrecht befugt, sozialpartnerschaftliche Einigungen, die als „Rahmenvereinbarungen“ bezeichnet werden, als Richtlinien zu erlassen. Diese für den kontinentaleuropäisch geschulten Rechtsanwender etwas ungeläufige
Form eines Normensetzungsverfahrens findet ihre Rechtsgrundlagen in den Artikeln 154 und 155 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union). Die Erlassung der europarechtlichen Norm in Form der Richtlinie erfolgt dergestalt, dass die als „Rahmenvereinbarung“ bezeichnete sozialpartnerschaftliche Einigung durch (in diesem Fall) einstimmigen Beschluss des Rates der Europäischen Union auf Vorschlag der
Kommission als „Richtlinie“ erlassen wird. Das Europäische Parlament wird lediglich unterrichtet. In der
(eigentlichen) Richtlinie findet sich dann die Erklärung, dass die von den Sozialpartnern geschlossene
Rahmenvereinbarung „durchgeführt werden soll“. Der materiell-rechtliche Gehalt (hier: europarechtliche Vorgaben zur mitgliedsstaatlichen Regelung befristeter Arbeitsverträge) findet sich nicht in der Richtlinie, sondern in der ihr angeschlossenen Rahmenvereinbarung. Der Nichtjurist darf in diesem Zusammenhang die Begriffe „Richtlinie“ und „Rahmenvereinbarung“ synonym verstehen.
Maßnahmen zur Missbrauchsverhinderung bestanden. Anforderungen bestimmter Branchen und/oder Arbeitnehmerkategorien durften berücksichtigt werden. Eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen waren demnach zu ergreifen:
a) die gesetzliche (oder tarif-/kollektivvertragliche) Festlegung sachlicher Gründe, die die
Verlängerung befristeter Verträge rechtfertigen;
b) die insgesamt maximal zulässige Dauer aufeinanderfolgender Arbeitsverträge oder verhältnisse;
c) die zulässige Zahl der Verlängerungen solcher Verträge oder Verhältnisse.
Die Mitgliedstaaten hatten ferner festzulegen, unter welchen Bedingungen befristete Arbeitsverträge oder Beschäftigungsverhältnisse als „aufeinanderfolgend“ zu betrachten sind oder als „unbefristete“ Verträge oder Verhältnisse zu gelten haben.
Die Mitgliedstaaten hatten die Richtlinie bis spätestens 10. Juli 2001 umzusetzen.
2 Die innerstaatliche Rechtslage an den Beispielen der §§ 109 UG und 32 ORF-G
§ 109 UG idF BGBl. I Nr. 129/2017
(1) Arbeitsverhältnisse können auf unbestimmte oder bestimmte Zeit abgeschlossen werden.
Arbeitsverhältnisse auf bestimmte Zeit sind bei sonstiger Rechtsunwirksamkeit des Arbeitsvertrags auf höchstens sechs Jahre zu befristen, sofern in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist.
(2) Eine mehrmalige unmittelbar aufeinanderfolgende Befristung ist nur bei
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die im Rahmen von Drittmittelprojekten oder
Forschungsprojekten beschäftigt werden, bei ausschließlich in der Lehre verwendetem Personal sowie bei Ersatzkräften zulässig. Die Gesamtdauer solcher unmittelbar aufeinanderfolgender Arbeitsverhältnisse einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers darf sechs Jahre, im Fall der Teilzeitbeschäftigung acht Jahre nicht überschreiten. Eine darüber hinausgehende einmalige Verlängerung bis zu insgesamt zehn Jahren, im Fall der Teilzeitbeschäftigung bis zu insgesamt zwölf Jahren, ist bei sachlicher Rechtfertigung, insbesondere für die Fortführung oder Fertigstellung von Forschungsprojekten und Publikationen zulässig.
(3) Wechselt eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer im Sinne des § 100 in eine andere
Verwendung, ist unbeschadet des Abs. 2 eine einmalige neuerliche Befristung bis zur Gesamtdauer von sechs Jahren, im Falle der Teilzeitbeschäftigung bis zu acht Jahren, zulässig, wobei die Befristungen gemäß Abs. 1, 2 und 3 entsprechend zusammenzurechnen sind. Die Höchstgrenzen des Abs. 2 dürfen nicht überschritten werden. Beschäftigungszeiten als studentische Mitarbeiterin oder studentischer Mitarbeiter bleiben unberücksichtigt.
(4) Eine andere Verwendung im Sinne des Abs. 3 liegt insbesondere dann vor, wenn durch den Wechsel eine weitere Karrierestufe (z. B. Postdoc-Stelle) erreicht wird oder der Wechsel von oder zu einer Stelle im Rahmen eines Drittmittel- oder Forschungsprojekts erfolgt.
.
§ 32 ORF-Gesetz
[…]
(1) Der Österreichische Rundfunk und seine Tochtergesellschaften haben die Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit aller programmgestaltenden Mitarbeiter sowie die Freiheit der journalistischen Berufsausübung aller journalistischen Mitarbeiter bei Besorgung aller ihnen übertragenen Aufgaben im Rahmen dieses Bundesgesetzes zu beachten. Die journalistischen Mitarbeiter dürfen in Ausübung ihrer Tätigkeit insbesondere nicht verhalten werden, etwas abzufassen oder zu verantworten, was der Freiheit der journalistischen Berufsausübung widerspricht. Aus einer gerechtfertigten Weigerung darf ihnen kein Nachteil erwachsen.
[…]
(5 ) Für journalistische und programmgestaltende Mitarbeiter des Österreichischen Rundfunks gelten auch dann, wenn sie in einem Arbeitsverhältnis zum Österreichischen Rundfunk stehen, sofern die vereinbarte oder tatsächlich geleistete Arbeitszeit während eines Zeitraumes von sechs Monaten im Monatsdurchschnitt nicht mehr als vier Fünftel des 4,3fachen der durch Gesetz oder Kollektivvertrag vorgesehenen wöchentlichen Normalarbeitszeit beträgt, folgende Bestimmungen:
1. Befristete Arbeitsverhältnisse können ohne zahlenmäßige Begrenzung und auch unmittelbar hintereinander abgeschlossen werden, ohne dass hier durch ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit entsteht.
[…]
3 Das Vorabentscheidungsverfahren EuGH C-274/18, Schuch-Ghannadan
In Bezug auf befristete Dienstverhältnisse im Allgemeinen und § 109 UG im Speziellen ist die
Situation in Österreich durch ein Spezifikum gekennzeichnet: Im Jahr 2018 legte das Arbeits- und
Sozialgericht Wien im Zusammenhang mit befristeten Dienstverhältnissen an der Medizinischen Universität Wien dem EuGH mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vor. Klägerin war eine wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität. Das Verfahren endete am 3. Oktober 2019 mit der
Entscheidung EuGH C-274/18, Schuch-Ghannadan. Inhaltlich ging es (stark zusammengefasst) um die
Frage der Zulässigkeit und der Konsequenzen aus insgesamt dreizehn befristeten
Dienstverhältnissen, die sich über einen Zeitraum von 2002 bis 2014 erstreckt hatten. Das vorlegende
Gericht vermeinte allerdings, § 109 Abs. 2 UG in der zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegenden
Fassung habe eine „ausreichende und zulässige“ Umsetzung des § 5 Nr. 1 der der Richtlinie
1999/70/EG angeschlossenen Rahmenvereinbarung dargestellt. Keine der vom Gericht zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen hatte daher zum Gegenstand, ob § 5 der Rahmenvereinbarung dem § 109 UG entgegensteht.
Folglich ist der Urteilsspruch des EuGH für das gegenständliche Thema nur wenig ergiebig. Sehr ergiebig hingegen sind die ihm Zuge des Verfahrens erstatteten Stellungnahmen des
Generalanwalts und der Kommission der Europäischen Union. Aus diesen ist hervorzuheben: In ihrer schriftlichen Erklärung trat die Kommission der Ansicht des vorlegenden Gerichts entgegen und ersuchte den Gerichtshof im Kern, vorab die Frage zu beantworten, ob § 109 Abs. 2 UG eine ausreichende Umsetzung von Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete
Arbeitsverträge darstelle. Nach Auffassung der Kommission wäre im Falle einer Verneinung der Frage durch den EuGH die Beantwortung der Vorlagefragen überflüssig.
Auf Sachverhaltsebene war im Vorlageverfahren unstrittig, dass an der beklagten Universität 75 % der männlichen Lehrenden und 70 % der männlichen Drittmittelforscher in befristeten
Teilzeitarbeitsverhältnissen beschäftigt waren. Im Bereich der weiblichen Beschäftigten waren die Zahlen noch krasser: Sie beliefen sich auf 79% bei Lehrenden und 73 % bei Drittmittelforscherinnen. Im Übrigen bezeichnete es die beklagte Universität als „selten“, dass an Universitäten tätige Personen im Rahmen wissenschaftlicher Karrieren in ein unbefristetes Dienstverhältnis übergeleitet würden.
4 Die Rechtsmeinung der Kommission der Europäischen Union
Von diesen Tatsachen ausgehend, vertrat die Kommission folgende, auf Vorjudikatur des EuGH gestützte Rechtsansichten. Diese werden nun auszugsweise und wortgetreu wiedergegeben:
„Befristete Arbeitsverhältnisse dürfen nicht zum Zweck einer ständigen und dauerhaften Wahrnehmung von Aufgaben, die normalerweise zur Tätigkeit des festen Personals gehören, verlängert werden.
Die Verlängerung befristeter Arbeitsverträge zur Deckung eines Bedarfs, der in Wirklichkeit kein zeitweiliger, sondern ein ständiger und dauerhafter ist, ist nicht im Sinne von § 5 Nr 1 Buchstabe a der Rahmenvereinbarung gerechtfertigt. Ein solcher Einsatz befristeter Arbeitsverträge läuft der Prämisse der Rahmenvereinbarung, dass unbefristete Arbeitsverträge die übliche Form des Beschäftigungsverhältnisses sind, auch wenn befristete Arbeitsverhältnisse für die Beschäftigung in bestimmten Branchen oder für bestimmte Berufe und Tätigkeiten charakteristisch ist, unmittelbar zuwider.
Zur Beachtung des § 5 Nr 1 Buchstabe a der Rahmenvereinbarung ist es erforderlich, dass konkret geprüft wird, ob die Verlängerung aufeinander folgender Arbeitsverträge zur Deckung eines zeitweiligen Bedarfs dient und ob eine nationale Bestimmung nicht in Wirklichkeit eingesetzt wird, um einen ständigen und dauerhaften Arbeitskräftebedarf des Arbeitgebers zu decken.“
Der Generalanwalt führte dazu aus:
„Aus alledem ist meines Erachtens zu schließen, dass § 109 Abs. 2 UG nicht dem Kriterium entspricht, wonach er Maßnahmen im Sinne von Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a bis c der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge enthalten muss. Im Übrigen hat das vorlegende Gericht keine
gleichwertigen gesetzlichen Maßnahmen im Sinne dieses Paragrafen angeführt, die auf den Fall der Klägerin des Ausgangsverfahrens anwendbar wären. Es ist daher festzustellen, dass der im
österreichischen Recht gemäß § 109 Abs. 2 UG zulässige Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge im Bereich der Hochschulforschung nicht mit Maßnahmen zur Verhinderung von Missbrauch einhergeht.“
Der EuGH hielt in seiner Entscheidung dazu fest, die Europäische Kommission habe sowohl in ihren schriftlichen Erklärungen als auch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, dass § 109 Abs. 2 UG keine ausreichende Umsetzung von Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge darstelle. Allerdings gehe aus der Vorlageentscheidung eindeutig hervor, dass das vorlegende Gericht § 109 Abs. 2 UG als ausreichende und zulässige Umsetzung von Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge ansieht. Somit sei eine Klärung der Bedeutung der letztgenannten Bestimmung für die Beantwortung der Vorlagefragen aus Sicht des vorlegenden Gerichts nicht erforderlich.
Im Ergebnis ließ der EuGH die von Kommission und Generalanwalt aufgeworfene Frage nach der Kompatibilität des § 109 des nationalstaatlichen UG mit § 5 der Rahmenvereinbarung unbeantwortet.
5 Die Novellierung des § 109 UG
Der österreichische Gesetzgeber sah sich durch diese Entscheidung zu einer Novellierung des Universitätsgesetzes veranlasst. Er hat nun folgenden Wortlaut:
§ 109 UG (in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 93/2021 mit Wirkung ab 1. Oktober 2021).
(1) Arbeitsverhältnisse können auf unbestimmte oder bestimmte Zeit abgeschlossen werden. Arbeitsverhältnisse auf bestimmte Zeit sind bei sonstiger Rechtsunwirksamkeit des
Arbeitsvertrags einmalig bis zu einer Dauer von höchstens sechs Jahren zu befristen, sofern in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist.
(2) Eine zweimalige Verlängerung bzw. ein zweimaliger neuerlicher Abschluss befristeter Arbeitsverhältnisse von Personen, die dem wissenschaftlichen und künstlerischen Universitätspersonal gemäß § 94 Abs. 2 angehören, ist bis zu einer Gesamtdauer von acht Jahren unter Berücksichtigung von Abs. 1 zulässig.
(3) Unbeschadet der zulässigen Gesamtdauer gemäß Abs. 1 und 2 finden Arbeitsverhältnisse, die überwiegend zur Durchführung von Drittmittelprojekten oder Forschungsprojekten abgeschlossen werden, bei der Feststellung der höchstzulässigen Anzahl von befristeten Arbeitsverhältnissen keine Berücksichtigung.
(4) Wechselt eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer in eine Verwendung gemäß § 94 Abs. 2 Z 1, ist eine einmalige neuerliche Befristung bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig.
(5) Bei Ersatzkräften ist eine mehrmalige Verlängerung oder ein mehrfacher neuerlicher Abschluss von Arbeitsverhältnissen bis zur Gesamtdauer von sechs Jahren zulässig.
(6) Bei ausschließlich in der Lehre verwendetem Personal ist eine mehrmalige Verlängerung oder ein mehrfacher neuerlicher Abschluss von Arbeitsverhältnissen innerhalb von acht Studienjahren zulässig.
(7) Arbeitsverhältnisse, die auch den Abschluss eines Doktoratsstudiums zum Inhalt haben, bleiben bis zum Ausmaß von bis zu vier Jahren für die höchstzulässige Gesamtdauer und die höchstzulässige Anzahl der Arbeitsverhältnisse unberücksichtigt. Ebenso unberücksichtigt bleiben Arbeitsverhältnisse als studentische Mitarbeiterin oder als studentischer Mitarbeiter.
(8) Unberücksichtigt bleiben Zeiten gemäß § 20 Abs. 3 Z 1 des gemäß § 108 Abs. 3 abgeschlossenen Kollektivvertrages für die ArbeitnehmerInnen der Universitäten (KV) in der am 1. Mai 2021 geltenden Fassung.
(9) Bei der Feststellung der höchstzulässigen Gesamtdauer der Arbeitsverhältnisse gemäß Abs. 1, 2, 5 und 6 sind alle Arbeitsverhältnisse zur Universität zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob die Arbeitsverhältnisse unmittelbar aufeinanderfolgen.

6 Beurteilung der novellierten Fassung des § 109 UG und des § 32 ORF-G:
§ 109 UG erfuhr im Jahr 2021 als Folge des Verfahrens vor dem EuGH in der Rechtssache C-274/18, Schuch-Ghannadan eine inhaltliche Änderung. Zu fragen ist, ob diese Änderung den europarechtlich zwingend umzusetzenden Vorgaben der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge entspricht.
Dies ist aus folgenden Gründen offenkundig nicht der Fall.
Die Mitgliedstaaten hatten nach Art 5 Z 2 lit b der Rahmenvereinbarung festzulegen, unter welchen Bedingungen befristete Arbeitsverträge oder Beschäftigungsverhältnisse als unbefristete Verträge oder Verhältnisse zu gelten haben. Die novellierte Fassung des § 109 UG entspricht dieser Vorgabe nicht. Ganz im Gegenteil ordnet er die „Rechtsunwirksamkeit“ der befristeten Arbeitsverträge an, die den Bestimmungen des § 109 UG zuwider laufen. Im Sinne der Zielrichtung der Richtlinie, Missbrauch zu verhindern, wäre festzulegen gewesen, unter welchen Bedingungen befristete Verträge als unbefristete Verträge gelten.
Mit keinem Wort wird den Bedenken der Kommission der Europäischen Union Rechnung getragen, dass befristete Dienstverhältnisse nicht dazu geeignet sind, Dienstnehmern Aufgaben zu übertragen, die „normalerweise“ zur Tätigkeit des festen Personals gehören. Angesichts von 70 bis 80 Prozent befristeter Teilzeitarbeitsverhältnisse an der verfahrensinvolvierten Universität kann dies nur als höchst auffällig bezeichnet werden.
Die insgesamt maximal zulässige Dauer aufeinanderfolgender Arbeitsverträge sowie die zulässige Zahl der Verlängerungen solcher Verträge werden in der Rahmenvereinbarung zwar nicht ziffernmäßig definiert, indes ist die sozialpolitische Zielrichtung eindeutig: Die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer innerhalb des Binnenmarktes sollen verbessert werden. Das bedeutet, dass Arbeitnehmern jedenfalls die von befristeten Verträgen ausgehenden Lasten der Unsicherheit und des disziplinären Drucks genommen werden sollen. Zulässige Befristungen über einen Zeitraum von acht Jahren sind nach meinem Verständnis nicht geeignet, dieser Zielrichtung zu entsprechen. Diese Wertung wird dadurch noch enorm verstärkt, dass Arbeitsverhältnisse überwiegend zur Durchführung von Drittmittel- oder Forschungsprojekten für die höchstzulässige
Anzahl von befristeten Arbeitsverhältnissen gar nicht (!) berücksichtigt werden. In den Übergangsbestimmungen (!) des § 143 Abs. 83 – 85 finden sich weitere Einschränkungen von Anrechnungsmöglichkeiten, so beispielsweise Zeiten eines Doktoratsstudiums im Ausmaß von bis zu vier Jahren, die an derselben Universität in einem Arbeitsverhältnis verbracht wurden, das in einem untrennbaren inhaltlichen Zusammenhang mit dem Doktoratsstudium stand. Unter solchen Bedingungen können sich Befristungen auf bis zu zwölf Jahre erstrecken.
Kein nachvollziehbarer Grund für die Zulässigkeit praktisch unbeschränkter Befristungen innerhalb von acht Studienjahren findet sich im Hinblick auf das ausschließlich in der Lehre verwendete Personal. Die Bestimmung widerspricht somit krass sowohl den sozialpolitischen Richtlinienvorgaben als auch der Rechtsansicht der Kommission, wonach befristete Arbeitsverhältnisse nicht zum Zweck einer ständigen und dauerhaften Wahrnehmung von Aufgaben, die normalerweise zur Tätigkeit des festen Personals gehören, verlängert werden dürfen.
Was § 32 Abs 5 Z 1 ORF-G und damit die im Arbeitsrecht der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt normierte, unbeschränkte Zulässigkeit befristeter Teilzeitarbeitsverhältnisse anlangt, kann nur ein vollumfänglicher Widerspruch zu § 5 der Rahmenvereinbarung konstatiert werden.
Der österreichische Gesetzgeber ist meines Erachtens den Umsetzungsvorgaben der Richtlinie (bis spätestens 10. Juli 2001) mehrfach nicht nachgekommen.
7 Erweiterter Kündigungsschutz von wissenschaftlichem und künstlerischem Universitätspersonal
Ein effektiver Kündigungsschutz von wissenschaftlichem Personal an Universitäten ist gesetzlich nicht vorgesehen. Lediglich auf der Ebene eines im Jahr 2009 in Kraft getretenen Kollektivvertrags finden sich über den allgemeinen Kündigungsschutz hinausgehende Kündigungsbeschränkungen, die grundsätzlich erst nach zwanzig (!) Dienstjahren, je nach Lebensalter u.U. auch früher, eintreten.
Die Kündigung von wissenschaftlichem oder künstlerischem Universitätspersonal ist nach § 22 Abs 7 des Kollektivvertrags allerdings „generell rechtsunwirksam, wenn sie wegen einer vom/von der ArbeitnehmerIn in Forschung/Entwicklung und Erschließung der Künste oder Lehre vertretenen Auffassung oder Methode erfolgt“.
Diese Kündigungsbeschränkung klingt vordergründig überzeugend, deren praktische Effizienz hängt jedoch regelmäßig vom Erfindungsreichtum der Dienstgeberseite ab. Der die
Kündigungsbeschränkung des § 22 Abs 7 des Kollektivvertrags in Anspruch nehmende Dienstnehmer muss damit rechnen, dass der im Gerichtsverfahren anwaltlich vertretene Dienstgeber mindestens fünf schwerste Verfehlungen behaupten wird, die mit einer Inanspruchnahme der Wissenschafts- und Lehrfreiheit in keinem Zusammenhang stünden. Unabhängig vom Wahrheitsgehalt steht der Dienstnehmer dann jedenfalls vor dem prozessrechtlichen Problem, diese Behauptungen zu entkräften. Die Methode wird dienstgeberseitig häufig angewendet, um Dienstnehmer im arbeitsgerichtlichen Verfahren zum Einlenken zu zwingen.
Universitätsprofessoren sind im Rahmen unbefristeter Dienstverhältnisse aufzunehmen, jedoch können unter verschiedenen Voraussetzungen auch befristete Arbeitsverträge abgeschlossen werden.52 V Fazit:
Wissenschafts- und Lehrfreiheit bilden Grund- und Menschenrechte, die historisch nur unter großen Opfern auf Seiten des Volkes den Institutionen Königs-/Kaiserhaus und Kirche abgerungen werden konnten. Heute sind diese Freiheiten mehrfach und meist auf verfassungsrechtlicher Ebene abgesichert. Umso schwerer ist es für die im Staat faktisch Macht ausübende Personen und Institutionen, ihren Intentionen zuwiderlaufende wissenschaftliche Erkenntnisse und deren Verbreitung in den Griff zu bekommen. Der über die Rechte der EMRK letztinstanzlich entscheidende EGMR in Straßburg gilt als konsequenter (um nicht zu sagen rigider) Verteidiger der Menschenrechte. Allzu leicht können sich Konventionsstaaten in Straßburg eine wenig rühmliche Niederlage und dazu auch noch einen Entschädigungsanspruch zugunsten des die Rechte der EMRK einfordernden Bürgers einhandeln.
Von allzu offenkundigen Beschränkungen der Wissenschafts- und Lehrfreiheit, sei es durch Gesetze, sei es durch behördliche Vollzugsakte, pflegen Mitgliedsstaaten der Konvention daher eher abzusehen.
Befristete Dienstverhältnisse lassen bei bloß oberflächlicher Betrachtung zunächst keinen Gedanken an eine Beschränkung der menschen- und grundrechtlich gesicherten Meinungsfreiheit und der Freiheit der Wissenschaft und Lehre aufkommen. Eine detaillierte Auseinandersetzung eröffnet allerdings andere – gegenteilige – Perspektiven. Befristet beschäftigte Personen bangen kontinuierlich um ihre wirtschaftliche Existenz. Das führt zu einer rigiden Disziplinierung zu Gunsten mehr oder weniger offenkundig vorliegender Interessen des Dienstgebers. Jeder wissenschaftlich oder journalistisch tätige Dienstnehmer im befristeten Dienstverhältnis wird sich hüten, auch nur ein Wort zu verbreiten, das den über sein zukünftiges wirtschaftliches Wohl entscheidenden Dienstgeber ungnädig zu stimmen geeignet ist.
Selbstverständlich können auch unbefristete Dienstverhältnisse beendet werden, jedoch ist die
Hemmschwelle für den Dienstgeber beim Ausspruch einer Kündigung größer als beim
Auslaufenlassen einer Befristung. Das hat durchaus gute Gründe. Eine Kündigung kann der
Dienstnehmer nämlich nach verschiedenen Kriterien des Arbeitsverfassungsrechts (unter Umständen auch im Rahmen anderer arbeitsrechtlicher Gebiete) anfechten. Dann muss sich der Dienstgeber erklären. Das kann unangenehm, im Falle einer Grundrechtsbeeinträchtigung sogar gefährlich werden. Lässt er jedoch bloß eine Befristung auslaufen, droht ihm (im Allgemeinen) kaum eine Gefahr.
Ein Schelm, der Böses dabei denkt, wenn staatliche Machthaber gerade dort, wo ihnen der massivste
Widerspruch droht, nämlich in der Wissenschaft und im Journalismus, die Disziplinierung auf die
Spitze treiben. Indes eignet sich der Umweg über befristete Dienstverhältnisse als durchaus elegante – weil unauffällige – Methode zur Erreichung des Zwecks, Dienstnehmer im Griff zu halten. Nebenher stehen noch Ausreden offen. Man könnte ja auch bloß etwas vergessen oder übersehen haben. Und überhaupt finden sich genug Experten, die wortreich erklären, dass das staatliche Handeln oder Unterlassen auch ganz rechtskonform interpretiert werden kann.
Sehr auffällig ist es allerdings schon, dass der österreichische Gesetzgeber die Zulässigkeit von Befristungen und damit die Disziplinierung von Dienstnehmern sozusagen mit Zähnen und Klauen gerade in jenen Berufszweigen verteidigt, aus denen der größte und im Falle der Wissenschaft auch der am besten begründete Widerspruch zu politischem Handeln kommen kann. Das sollte für sich alleine zur Hinterfragung der gesetzgeberischen Motive im Zusammenhang mit § 109 UG und § 32 ORF-G anregen. Dass die genannten Bestimmungen im Falle des § 109 UG mehr oder weniger, im
Falle des § 32 UG jedoch krass gegen zwingend umzusetzendes Europarecht verstoßen, lässt für gut gemeinte Interpretationen allerdings kaum mehr einen Raum. Dem Gesetzgeber darf jedenfalls nicht unterstellt werden, Gesetze ohne Sinn und Zweck zu schaffen.
Die Frage, ob das gesetzgeberische Verhalten korrupt ist, ist auf strafrechtlicher Ebene obsolet. Strafrechtlich relevant können nur die in Person der Abgeordneten abstimmenden Mitglieder der gesetzgebenden Körperschaft handeln. Jeder Versuch einer Verfolgung wird realiter an der ihnen eingeräumten Immunität scheitern.
Abseits einer strafrechtlichen Beurteilung darf auf die vielfältigen Definitionsversuche zum Begriff Korruption verwiesen werden. Einige davon lassen produktive Ergebnisse im Zusammenhang mit der
hier abgehandelten Fragestellung nicht ausschließen. Die dem Schrifttum entnommenen Korruptionsdefinitionen von Eder-Rieder und Kriele sind jedenfalls erfüllt.




Korruptionsgeleitete Gesetzgebung?
Durch arbeitsrechtliche Normen auf einfachgesetzlicher Ebene unterläuft der Gesetzgeber die grund- und menschenrechtlichen Garantien der Wissenschafts- und Meinungsfreiheit. Geschieht dies vorsätzlich?

I Allgemeines und Historisches
Die Staatenbildung begann mit der Sesshaftwerdung größerer Gruppen von Menschen. Historiker datieren sie zeitlich ins vierte bis dritte Jahrtausend vuZ, geographisch in das Gebiet zwischen Euphrat und Tigris. In den griechischen Stadtstaaten , insbesondere in Athen und Sparta, wurden bereits die wichtigsten Begriffe der Staatslehre wie Demokratie, Oligarchie, Monokratie, Monarchie, Aristokratie, Ochlokratie, Republik formuliert und mit Inhalten versehen. Selbst die Gewaltenteilung fand sich bereits bei Aristoteles , erreichte ihre neuzeitliche Fassung aber erst 1748 bei
Montesquieu . Seit Jelinek und dessen Drei-Elemente-Lehre sind die konstituierenden Merkmale eines Staates ein durch Grenzen definiertes Territorium (Staatsgebiet), eine ansässige Gruppe von Menschen (Staatsvolk) und eine innerhalb der Grenzen bestehende Staatsgewalt.
Montesquieu postulierte eine Gewaltenteilung in gesetzgebende, vollziehende und richterliche Gewalt. Diese Gewaltenteilung ist gegenwärtig (wenn auch in unterschiedlichen Ausformungen) in allen westlichen Verfassungsstaaten verwirklicht. Als gesetzgebende Gewalt fungieren Parlamente in Gestalt uni- oder bikameraler Vertretungskörper, deren Mitglieder vom Staatsvolk gewählt werden.
Dazu bestimmen die Art 24, 26 des österreichischen Bundesverfassungsgesetzes (B-VG): „Die
Gesetzgebung des Bundes übt der Nationalrat gemeinsam mit dem Bundesrat aus. […] Der Nationalrat wird vom Bundesvolk […] nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt.“
Arbeitsrechtliche Angelegenheiten sind nach Art 10 Abs 1 Z 11 des B-VG Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung. Der zur Erlassung arbeitsrechtlicher Normen verfassungsrechtlich berufene Vertretungskörper in Österreich ist der Nationalrat. Um dessen Praxis bei der Erlassung innerstaatlicher Normen auf einem Gebiet des Arbeitsrechts geht es in den nachfolgenden Ausführungen. Damit einhergehend werden die grundrechtlich normierte Wissenschafts- und Lehrfreiheit und letztlich die Umsetzung europarechtlichen Sekundärrechts erörtert.

II Korruption
1 Allgemeines
In der juristischen Fachterminologie wie auch in der Umgangssprache ist Korruption ein häufig verwendeter Begriff. Eine für alle Bereiche der Rechtsanwendung verbindliche und einheitliche Definition existiert nicht. Die Durchsicht verschiedener Quellen auf nationaler und internationaler Ebene liefert eine fast schon unüberschaubare Zahl von Definitionen. Dazu gesellen sich Definitionen privater und öffentlich-rechtlicher Organisationen. Nur demonstrativ werden im folgenden Text einige angeführt.
2 Innerstaatliches Verständnis
Das österreichische Innenministerium folgt der Definition von Transparency International (TI) .
Demnach handelt es sich bei Korruption um den „Missbrauch von anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil“. An manchen Stellen des Internetauftritts von TI wird diese Definition ergänzt um ein Element des strafrechtlichen Vorsatzbegriffs, nämlich um das Wort „bewusst“. Die Definition lautet dann, Korruption sei der “bewusste Missbrauch von anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil“.
Von dieser, einem eher umgangssprachlichen Verständnis verpflichteten Definition, ist der innerstaatlich-strafrechtliche Korruptionsbegriff zu unterscheiden. Er umfasst größtenteils – aber nicht ausschließlich – Verhaltensweisen, die darin bestehen, zur Erreichung eines (nicht zwingend verpönten) Zieles Geld oder geldwerte Vorteile an einen Entscheidungsbefugten mit der Zielsetzung zu geben, dass dieser die gewünschte Entscheidung herbeiführt oder selber trifft. Natürlich ist die im
Interesse des zahlenden Auftraggebers gesetzte Handlung in gleicher Weise Korruption wie die Entgegennahme des Geldes oder eines sonstigen Vorteils. Eine solche Definition greift für den gesamten innerstaatlichen Strafrechtsbereich jedoch zu kurz. Im zweiundzwanzigsten Abschnitt „Strafbare Verletzungen der Amtspflicht, Korruption und verwandte strafbare Handlungen“ finden sich im österreichischen Strafgesetzbuch (StGB) insgesamt sechzehn Straftatbestände. Sie reichen von „Missbrauch der Amtsgewalt“ über „Bestechlichkeit“, „Bestechung“ und „Verbotene Intervention“ bis zu „Folter“ und „Verschwindenlassen einer Person“. Eine Definition des Korruptionsbegriffs als solchen sucht man indes vergebens.
Die Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption ist in Österreich einer zentralen Staatsanwaltschaft in Form der im Jahre 2011 errichteten Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zugewiesen. Nach den Zuständigkeitsbestimmungen der Strafprozessordnung (StPO ) obliegen ihr (ua) die Leitung des Ermittlungsverfahrens, dessen Beendigung […] sowie die Einbringung der Anklage […] der im § 20a Abs 1 StPO detailliert aufgezählten Delikte. § 20b Abs 2 StPO definiert wohl den Begriff Wirtschaftsstrafsachen, nicht jedoch den Begriff Korruption.
3 Schrifttum
Im facheinschlägigen Schrifttum kann ernsthaften und weniger ernsthaften Versuchen begegnet werden, dem Begriff Korruption Inhalte zu geben. Nur demonstrativ seien dargestellt:
Eder-Rieder definiert Korruption als „jede Art von Pflichtwidrigkeit und Missbrauch einer eingeräumten Befugnis bzw Vertrauensstellung in einer Funktion in Verwaltung, Wirtschaft und Politik im Austausch gegen einen materiellen oder immateriellen Vorteil, auf den kein rechtlich begründeter Anspruch besteht“.
Rönnau sieht Korruption gekennzeichnet durch „den regelwidrigen Tausch von Vorteilen, präziser den regelwidrigen Tausch einer Entscheidung (bzw. Einflussnahme auf eine solche) oder einer Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen – gegen einen Vorteil“.
Kriele definiert Korruption „im marktwirtschaftlich organisierten Staatswesen als einen Vorgang der
Uminterpretation der Verfassung, insbesondere seiner Grundrechte im Dienste individueller Interessen auf Kosten der Interessen anderer und schließlich auf Kosten des Verfassungsstaats und der Menschenwürde selbst“. Im Zentrum von Krieles Überlegungen steht das Gemeinwohlinteresse. Die besitzindividualistische Korrumpierung erst der Marktwirtschaft, dann des Verfassungsstaats bildet den Ausgangspunkt seiner Definition.
Elisabeth Köck zitiert in ihrer systematischen Darstellung des österreichischen Wirtschaftsstrafrechts
Wikipedia. Demnach „ist Korruption (von lateinisch corruptio: ‚Verderbnis, Verdorbenheit,
Bestechlichkeit‘) der Missbrauch einer Vertrauensstellung“.
4 Überstaatliche Ebene
Das im Jahr 1999 vom Europarat geschaffene und am 1. Juli 2002 in Kraft getretene
Strafrechtsübereinkommen über Korruption sieht in Korruption „eine Bedrohung der
Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Menschenrechte. Korruption verzerrt den Wettbewerb und die Grundsätze verantwortungsbewussten staatlichen Handelns und der Billigkeit. Sie untergräbt soziale Gerechtigkeit, behindert die wirtschaftliche Entwicklung und die Stabilität der demokratischen Institutionen und gefährdet die sittlichen Grundlagen der Gesellschaft“. Damit werden die Folgen von Korruption umschrieben. Eine Definition findet sich nicht.
Im Gegensatz zum Strafrechtsübereinkommen über Korruption enthält das gleichfalls dem Europarat entstammende Zivilrechtsübereinkommen über Korruption eine Definition. Nach Artikel 2 bezeichnet Korruption „das unmittelbare oder mittelbare Fordern, Anbieten, Gewähren, Annehmen oder
Inaussichtstellen von Bestechungsgeldern oder eines anderen ungerechtfertigten Vorteils, das die Erfüllung der dem Begünstigten obliegenden Pflichten beeinträchtigt oder dazu führt, dass er sich nicht wie geboten verhält“.
Das auf der Ebene der Vereinten Nationen 2002 errichtete und in Österreich in seiner Urfassung
2004 in Kraft getretene Übereinkommen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität umschreibt Korruption in Art 8 (Kriminalisierung der Korruption) als:
„a) das Versprechen, das Angebot oder die Gewährung eines ungerechtfertigten Vorteils unmittelbar oder mittelbar an einen Amtsträger für diesen selbst oder für eine andere Person oder einen anderen Rechtsträger als Gegenleistung dafür, dass der Amtsträger bei der Ausübung seiner
Dienstpflichten eine Handlung vornimmt oder unterlässt;
b) die unmittelbare oder mittelbare Forderung oder Annahme eines ungerechtfertigten Vorteils durch einen Amtsträger für diesen selbst oder für eine andere Person oder einen anderen Rechtsträger als Gegenleistung dafür, dass der Amtsträger bei der Ausübung seiner Dienstpflichten
eine Handlung vornimmt oder unterlässt. […]
Desgleichen erwägt jeder Vertragsstaat, andere Formen der Korruption als Straftaten zu umschreiben“.
5 Zwischenfazit
Korruption hat national- und überstaatlich eine enorme strafrechtliche Bedeutung. Trotzdem kennt die innerstaatliche Strafrechtsordnung weder einen spezifischen Korruptionstatbestand noch eine verbindliche Definition. Dem Begriff Korruption unterwirft sie vielmehr eine Reihe namentlich aufgezählter Delikte, deren Deckung mit dem allgemeinen Sprachverständnis, das mit Korruption einhergeht, der Beurteilung des Betrachters obliegt. Bei Delikten wie Folter oder dem Verschwindenlassen einer Person scheint der Bezug zu Korruption zumindest auf den ersten Blick etwas weit hergeholt. Überstaatliche Rechtsnormen des Europarats und der Vereinten Nationen enthalten Definitionen, die nicht deckungsgleich sind. Der Rechtssicherheit zuträglich sind diese Umstände nicht.
Abseits professioneller Rechtsanwender darf sich der mit Korruption befassende Bürger – ganz nach Belieben und vergleichbar einem Supermarktregal – aus einer Vielzahl von Definitionen bedienen. Wenig wahrscheinlich ist, dass er auch nur eine davon kennt. Der Begriff Korruption scheint damit im allgemeinen Sprachgebrauch zur beliebigen Anwendung zu verkommen.

III Menschen-, Grund- und Bürgerrechte
1 Allgemeines und Historisches
Nach dem Verständnis der österreichischen Bundesregierung besitzt jede Person, allein aufgrund der
Tatsache des Menschseins, Würde. Um diese Menschenwürde zu schützen, stehen dem Menschen Rechte zu, welche unveräußerlich und unteilbar sind. Der Jurist hat allerdings zu unterscheiden:
Der eben angeführte singularistische (in aller Regel religiös motivierte) Menschenrechtsbegriff gewährt dem Einzelnen noch kein Recht. Er bildet vielmehr eine rechtsphilosophische Konstruktion.
Erst durch gesetzgeberische Akte auf nationalstaatlicher oder überstaatlicher Ebene können diese
Konstruktionen in Kodifikationen übergeführt werden, die dem Bürger gegenüber dem Staat
Rechtspositionen einräumen. Am Ende dieser Entwicklung und wenn das vorher abstrakte
Menschenrecht mit einem effektiven Rechtsdurchsetzungsverfahren versehen worden ist, kann von Grund- oder auch Bürgerrechten gesprochen werden. Grundrechte sind dann regelmäßig in nationalstaatlichen Verfassungen verankerte Menschenrechte, die durchgesetzt werden können. Stehen solche Rechte nur Staatsbürgern, nicht aber Fremden zu, ist von Bürgerrechten die Rede.
Die maßgeblichen Rechtsgrundlagen sind gegenwärtig die Europäische Menschenrechtskonvention
(EMRK, Art 10), die Grundrechtecharta der Europäischen Union (GRC, Art 10, 13) und österreichspezifisch das Staatsgrundgesetz aus dem Jahr 1867 (StGG). Letzteres normiert in Art. 17 die Wissenschaftsfreiheit.
Art 17 StGG lautet:
Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei.
Art 17 StGG hat seine Wurzeln in der Aufklärung. Gedanken-, Meinungs-, Rede- und Pressefreiheit sollten Überwachungen und Einschränkungen durch absolutistisch herrschende Adelshäuser, kirchliche Institutionen und Feudalherrn entzogen werden. Im Vormärz (im Allgemeinen die Zeit zwischen 1815 und 1848) konnten Lehrinhalte, die als Gefährdung von Staat und Religion angesehen wurden, jederzeit Sanktionen wie Lehrverbot, Amtsenthebung, Landesverweisung oder Haft nach sich ziehen. Nach den Intentionen aufgeklärter Bürger sollten daher freie Wissenschaft und
Lehrfreiheit garantiert werden. Die 1867 in das österreichische Staatsgrundgesetz aufgenommene
Bestimmung steht nach wie vor in Geltung. Seinerzeit wurde sie vom Entwurf des
Verfassungsausschusses der Frankfurter Nationalversammlung25 über die „Grundrechte des deutschen Volkes“ rezipiert.26
Art 17 StGG wurde in Österreich im Jahr 2008 durch den in das B-VG eingefügten Art 81c ergänzt. Die Bestimmung lautet:
(1) Die öffentlichen Universitäten sind Stätten freier wissenschaftlicher Forschung, Lehre und Erschließung der Künste. Sie handeln im Rahmen der Gesetze autonom und können Satzungen erlassen. Die Mitglieder universitärer Kollegialorgane sind weisungsfrei. […]
(3) In Angelegenheiten des Dienstrechts der ernannten berufsmäßigen
Universitätsangehörigen geht der Instanzenzug bis zum zuständigen Bundesminister.
Art 81c B-VG wird als Garantie für die Existenz öffentlicher, staatsunabhängiger (autonomer) Universitäten verstanden. Die individuellen Gewährleistungen des Art 17 StGG sollen durch die institutionelle Garantie autonomer Universitäten ergänzt werden. Der Vollständigkeit und Aktualität halber ist festzuhalten:
Grundrechte sind kein Ergebnis einfacher gesetzlicher Entwicklungen. In Österreich, Deutschland und
Frankreich wurden sie im 18. und 19. Jahrhundert unter blutigen Opfern erkämpft. Kämpfer für Grundrechte waren Arbeiter, Bürger und Studenten. Deren Gegner waren Adel und Kirche. Wegen des äußerst brutalen Vorgehens der die staatliche und kirchliche Gewalt verteidigenden Truppen forderten die Auseinandersetzungen Tausende Tote, Verstümmelte und Verletzte. Viele starben durch Hinrichtung. Diese Umstände sollen jenen eine ernste Warnung sein, die heute, in der Regel bar jedes historischen Wissens, dafür umso lauter, fahrlässig mit Grundrechten umgehen, sie zu Gunsten einfachst gestrickter Ideologien aufs Spiel setzen oder überhaupt gleich zur Disposition stellen. Eine Warnung sei aber auch an jene gerichtet, die solchem Treiben tatenlos zusehen. Ein Verlust grundrechtlicher Positionen würde angesichts der dafür maßgeblichen Umstände kaum leichter rückgängig zu machen sein, als deren Erringung im Laufe von Jahrzehnten blutiger
Auseinandersetzungen. Im Falle einer von vielen angestrebten Wiedererstarkung von Religionen mit Einfluss auf das Staatswesen muss überhaupt ein Verschwinden des modernen Grundrechtsbestandes für Jahrhunderte befürchtet werden.
2 Inhalt der Wissenschafts- und Lehrfreiheit
Das Grundrecht steht jedermann zu, der wissenschaftlich forscht oder lehrt. Er darf hierbei vom Staat keinen spezifischen, intentional auf die Einengung dieser Freiheit gerichteten Beschränkungen unterworfen werden.
Wissenschafts- und Lehrfreiheit garantieren das Recht der freien wissenschaftlichen Forschung und das Recht, die Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung frei zu lehren.
Wissenschaftliche Forschung besteht im Streben nach Erkenntnis innerhalb eines frei wählbaren Forschungsobjekts.
Die Berufung auf Wissenschaftsfreiheit setzt allerdings die Anwendung anerkannter Methoden der Wissenschaft und die Möglichkeit der Objektivierung gewonnener Erkenntnisse voraus. Letzteres geschieht dadurch, dass das Ergebnis der Forschung zur Überprüfung, Diskussion und gegebenenfalls Objektivierung durch andere Vertreter der Wissenschaft freigestellt wird. Die Methode dazu ist die Publikation. Das Glauben, Meinen, Dafürhalten, Obskurantismus oder Mystizismus u.Ä. sind keine Gegenstände der akademischen Wissenschafts- oder Lehrfreiheit.
Das Grundrecht des Art 17 StGG darf weder durch Gesetz noch durch Maßnahmen der Vollziehung intentional beschränkt werden. Dies gilt auch für das durch den Gesetzgeber geschaffene Arbeitsrecht für wissenschaftliches Personal an Universitäten.32
Abseits des Schutzes durch Art 17 StGG ist die Wissenschafts- und Lehrfreiheit auch durch die in Art
10 EMRK gewährleistete Freiheit der Meinungsäußerung geschützt. Eine weitere Schutznorm ist Art 13 GRC, der die Freiheit der Kunst und der Wissenschaft zum Gegenstand hat. Demnach sind Kunst und Forschung frei. Die akademische Freiheit wird geachtet.
Auch Art 10 EMRK schützt die Freiheit der Meinungsäußerung für jedermann, das bedeutet, dass Personen unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit geschützt sind. Dem Schutz unterliegen auch juristische Personen. Staatliche Eingriffe durch Gesetzgebung oder Vollziehung sind verboten, soweit sie nicht im Gesetzesvorbehalt des Art 10 Abs 2 EMRK Deckung finden. Der Gesetzesvorbehalt umfasst Einschränkungen, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer unentbehrlich sind, um die Verbreitung von vertraulichen Nachrichten zu verhindern oder das Ansehen und die Unparteilichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten.
3 Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit
Auf arbeitsrechtlicher Ebene liegen zu Art 10 EMRK einige Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vor, aus denen die folgenden hervorzuheben sind:
In der Entscheidung Heinisch v. Germany stellt der EGMR fest, dass eine gerichtlich bestätigte
Kündigung einer Dienstnehmerin (im konkreten Fall wegen des Aufdeckens von Missständen und der Erstattung einer Strafanzeige) gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung verstoßen kann.
In der Entscheidung Vogt v. Germany ging es um eine pragmatisierte Lehrerin, deren fachliche Kompetenz und berufliches Engagement als „durchaus zufriedenstellend“ bewertet worden waren. Im Jahr 1982 wurde gegen die Lehrerin ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Wegen der Teilnahme an politischen Aktivitäten der DKP habe sie gegen die politische Treuepflicht gemäß § 61 (2) des Niedersächsischen Beamtengesetzes verstoßen. Die Lehrerin wurde zuerst vom Dienst suspendiert, kurz darauf erfolgte als Disziplinarstrafe ihre Entlassung. Der EGMR entschied, die Entlassung aus dem Staatsdienst aufgrund der Mitgliedschaft in einer Partei verstoße gegen die Art. 10 und 11 EMRK.
In der Entscheidung Lombardi Vallauri v. ITA war der Beschwerdeführer als Hochschullehrer für
Rechtsphilosophie an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der „Katholischen Universität vom Heiligen Kreuz' in Mailand tätig. Er war über einen Zeitraum von 20 Jahren (!) hinweg auf der Basis von zeitlich befristeten Dienstverträgen angestellt. Im Verlauf der Jahre 1998/99 bewarb er sich neuerlich für diesen Posten. Mit Schreiben vom 26.10.1998 setzte die „Kongregation für katholische Erziehung' den Rektor darüber in Kenntnis, dass gewisse Positionen des Beschwerdeführers der katholischen Lehre klar entgegenstehen würden und dass er dort im Interesse der Wahrheit, des Wohls der Studenten und jenes der Universität nicht länger unterrichten solle. Eine Konkretisierung der Vorwürfe erfolgte auch über Rückfrage nicht. Es kam zu keiner Vertragsverlängerung. Der EGMR entschied, die Entscheidung des Fakultätsausschusses, die Kandidatur des Beschwerdeführers nicht in Erwägung zu ziehen, stelle einen Eingriff in dessen Meinungsäußerungsfreiheit dar.
In der Entscheidung Glasenapp v. Ger entschied der EGMR, eine Beamtenstellung nehme der diese
Stellung einnehmenden Person nicht den durch Art. 10 EMRK gewährten Schutz.38

IV Befristete Dienstverhältnisse
1 Die unionsrechtliche Ebene
Als „a-typisch“ gelten in der arbeitsrechtlichen Dogmatik alle Formen von Arbeitsverhältnissen, die vom klassischen, „typischen Normalarbeitsverhältnis“ abweichen. Das „typische
Normalarbeitsverhältnis“ ist eine unbefristete Beschäftigung, die in Vollzeit (also nach dem jeweiligen nationalen Arbeitszeitrecht üblicherweise in 38, 40 oder 42 Wochenstunden) erbracht wird.
Befristete Arbeitsverhältnisse gelten darüber hinaus als prekär. Prekäre Arbeitsverhältnisse liegen (u.a.) dann vor, wenn Arbeitnehmer nur schlecht oder gar nicht von ihrem Einkommen leben können, die Arbeit nicht auf Dauer angelegt ist oder unfreiwillige Teilzeitbeschäftigung vorliegt. Maßgebliche Kriterien für diese Qualifizierung sind Gefühle der ständigen Unsicherheit und Angst um die berufliche Existenz, die befristet beschäftigte Menschen in der Regel begleiten. Befristete Verträge führen überdies in vielen Fällen zu wiederholter Arbeitslosigkeit. In dieser Form beschäftigte Dienstnehmer unterliegen daher einem besonderen Anpassungsdruck. Über eine Fortsetzung der Beschäftigung nach Ablauf der Befristung entscheidet nämlich der Dienstgeber. Ihn gilt es, nicht negativ zu stimmen oder gar zu verärgern. In keiner Weise negativ auffällig zu werden, ist oberstes Anforderungsprofil.
Die Europäische Union strebt eine Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der
Arbeitnehmer innerhalb des Binnenmarktes an.39 Zur Erreichung dieses Ziels erließ sie bereits am 28. Juni 1999 eine Richtlinie40, um die Qualität befristeter Arbeitsverhältnisse zu verbessern und einen
Rahmen zu schaffen, der den Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder
Beschäftigungsverhältnisse verhindert. Zudem soll die Richtlinie auch der besseren Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt dienen. Mehr als die Hälfte der im Rahmen befristeter Dienstverhältnisse tätigen Arbeitnehmer sind nämlich Frauen.41
In ihrem § 5 ordnete die der Richtlinie angeschlossene Rahmenvereinbarung42 Maßnahmen an, um den von Seiten der Dienstgeber häufig gepflogenen Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge zu vermeiden. Den Mitgliedstaaten wurde aufgetragen, die in der Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen zu ergreifen, falls keine gleichwertigen gesetzlichen

39 Nummer 7 der bereits 1990 veröffentlichten Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer.
40 Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge; Amtsblatt Nr. L 175 vom 10/07/1999 S. 0043 – 0048.
41 Nr 9 der allgemeinen Erwägungen der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge.
42 Zur Terminologie „Richtlinie“ und „Rahmenvereinbarung“: Die Europäische Union ist durch das Primärrecht befugt, sozialpartnerschaftliche Einigungen, die als „Rahmenvereinbarungen“ bezeichnet werden, als Richtlinien zu erlassen. Diese für den kontinentaleuropäisch geschulten Rechtsanwender etwas ungeläufige
Form eines Normensetzungsverfahrens findet ihre Rechtsgrundlagen in den Artikeln 154 und 155 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union). Die Erlassung der europarechtlichen Norm in Form der Richtlinie erfolgt dergestalt, dass die als „Rahmenvereinbarung“ bezeichnete sozialpartnerschaftliche Einigung durch (in diesem Fall) einstimmigen Beschluss des Rates der Europäischen Union auf Vorschlag der
Kommission als „Richtlinie“ erlassen wird. Das Europäische Parlament wird lediglich unterrichtet. In der
(eigentlichen) Richtlinie findet sich dann die Erklärung, dass die von den Sozialpartnern geschlossene
Rahmenvereinbarung „durchgeführt werden soll“. Der materiell-rechtliche Gehalt (hier: europarechtliche Vorgaben zur mitgliedsstaatlichen Regelung befristeter Arbeitsverträge) findet sich nicht in der Richtlinie, sondern in der ihr angeschlossenen Rahmenvereinbarung. Der Nichtjurist darf in diesem Zusammenhang die Begriffe „Richtlinie“ und „Rahmenvereinbarung“ synonym verstehen.
Maßnahmen zur Missbrauchsverhinderung bestanden. Anforderungen bestimmter Branchen und/oder Arbeitnehmerkategorien durften berücksichtigt werden. Eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen waren demnach zu ergreifen:
a) die gesetzliche (oder tarif-/kollektivvertragliche) Festlegung sachlicher Gründe, die die
Verlängerung befristeter Verträge rechtfertigen;
b) die insgesamt maximal zulässige Dauer aufeinanderfolgender Arbeitsverträge oder verhältnisse;
c) die zulässige Zahl der Verlängerungen solcher Verträge oder Verhältnisse.
Die Mitgliedstaaten hatten ferner festzulegen, unter welchen Bedingungen befristete Arbeitsverträge oder Beschäftigungsverhältnisse als „aufeinanderfolgend“ zu betrachten sind oder als „unbefristete“ Verträge oder Verhältnisse zu gelten haben.
Die Mitgliedstaaten hatten die Richtlinie bis spätestens 10. Juli 2001 umzusetzen.
2 Die innerstaatliche Rechtslage an den Beispielen der §§ 109 UG und 32 ORF-G
§ 109 UG idF BGBl. I Nr. 129/2017
(1) Arbeitsverhältnisse können auf unbestimmte oder bestimmte Zeit abgeschlossen werden.
Arbeitsverhältnisse auf bestimmte Zeit sind bei sonstiger Rechtsunwirksamkeit des Arbeitsvertrags auf höchstens sechs Jahre zu befristen, sofern in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist.
(2) Eine mehrmalige unmittelbar aufeinanderfolgende Befristung ist nur bei
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die im Rahmen von Drittmittelprojekten oder
Forschungsprojekten beschäftigt werden, bei ausschließlich in der Lehre verwendetem Personal sowie bei Ersatzkräften zulässig. Die Gesamtdauer solcher unmittelbar aufeinanderfolgender Arbeitsverhältnisse einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers darf sechs Jahre, im Fall der Teilzeitbeschäftigung acht Jahre nicht überschreiten. Eine darüber hinausgehende einmalige Verlängerung bis zu insgesamt zehn Jahren, im Fall der Teilzeitbeschäftigung bis zu insgesamt zwölf Jahren, ist bei sachlicher Rechtfertigung, insbesondere für die Fortführung oder Fertigstellung von Forschungsprojekten und Publikationen zulässig.
(3) Wechselt eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer im Sinne des § 100 in eine andere
Verwendung, ist unbeschadet des Abs. 2 eine einmalige neuerliche Befristung bis zur Gesamtdauer von sechs Jahren, im Falle der Teilzeitbeschäftigung bis zu acht Jahren, zulässig, wobei die Befristungen gemäß Abs. 1, 2 und 3 entsprechend zusammenzurechnen sind. Die Höchstgrenzen des Abs. 2 dürfen nicht überschritten werden. Beschäftigungszeiten als studentische Mitarbeiterin oder studentischer Mitarbeiter bleiben unberücksichtigt.
(4) Eine andere Verwendung im Sinne des Abs. 3 liegt insbesondere dann vor, wenn durch den Wechsel eine weitere Karrierestufe (z. B. Postdoc-Stelle) erreicht wird oder der Wechsel von oder zu einer Stelle im Rahmen eines Drittmittel- oder Forschungsprojekts erfolgt.
.
§ 32 ORF-Gesetz
[…]
(1) Der Österreichische Rundfunk und seine Tochtergesellschaften haben die Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit aller programmgestaltenden Mitarbeiter sowie die Freiheit der journalistischen Berufsausübung aller journalistischen Mitarbeiter bei Besorgung aller ihnen übertragenen Aufgaben im Rahmen dieses Bundesgesetzes zu beachten. Die journalistischen Mitarbeiter dürfen in Ausübung ihrer Tätigkeit insbesondere nicht verhalten werden, etwas abzufassen oder zu verantworten, was der Freiheit der journalistischen Berufsausübung widerspricht. Aus einer gerechtfertigten Weigerung darf ihnen kein Nachteil erwachsen.
[…]
(5 ) Für journalistische und programmgestaltende Mitarbeiter des Österreichischen Rundfunks gelten auch dann, wenn sie in einem Arbeitsverhältnis zum Österreichischen Rundfunk stehen, sofern die vereinbarte oder tatsächlich geleistete Arbeitszeit während eines Zeitraumes von sechs Monaten im Monatsdurchschnitt nicht mehr als vier Fünftel des 4,3fachen der durch Gesetz oder Kollektivvertrag vorgesehenen wöchentlichen Normalarbeitszeit beträgt, folgende Bestimmungen:
1. Befristete Arbeitsverhältnisse können ohne zahlenmäßige Begrenzung und auch unmittelbar hintereinander abgeschlossen werden, ohne dass hier durch ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit entsteht.
[…]
3 Das Vorabentscheidungsverfahren EuGH C-274/18, Schuch-Ghannadan
In Bezug auf befristete Dienstverhältnisse im Allgemeinen und § 109 UG im Speziellen ist die
Situation in Österreich durch ein Spezifikum gekennzeichnet: Im Jahr 2018 legte das Arbeits- und
Sozialgericht Wien im Zusammenhang mit befristeten Dienstverhältnissen an der Medizinischen Universität Wien dem EuGH mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vor. Klägerin war eine wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität. Das Verfahren endete am 3. Oktober 2019 mit der
Entscheidung EuGH C-274/18, Schuch-Ghannadan. Inhaltlich ging es (stark zusammengefasst) um die
Frage der Zulässigkeit und der Konsequenzen aus insgesamt dreizehn befristeten
Dienstverhältnissen, die sich über einen Zeitraum von 2002 bis 2014 erstreckt hatten. Das vorlegende
Gericht vermeinte allerdings, § 109 Abs. 2 UG in der zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegenden
Fassung habe eine „ausreichende und zulässige“ Umsetzung des § 5 Nr. 1 der der Richtlinie
1999/70/EG angeschlossenen Rahmenvereinbarung dargestellt. Keine der vom Gericht zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen hatte daher zum Gegenstand, ob § 5 der Rahmenvereinbarung dem § 109 UG entgegensteht.
Folglich ist der Urteilsspruch des EuGH für das gegenständliche Thema nur wenig ergiebig. Sehr ergiebig hingegen sind die ihm Zuge des Verfahrens erstatteten Stellungnahmen des
Generalanwalts und der Kommission der Europäischen Union. Aus diesen ist hervorzuheben: In ihrer schriftlichen Erklärung trat die Kommission der Ansicht des vorlegenden Gerichts entgegen und ersuchte den Gerichtshof im Kern, vorab die Frage zu beantworten, ob § 109 Abs. 2 UG eine ausreichende Umsetzung von Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete
Arbeitsverträge darstelle. Nach Auffassung der Kommission wäre im Falle einer Verneinung der Frage durch den EuGH die Beantwortung der Vorlagefragen überflüssig.
Auf Sachverhaltsebene war im Vorlageverfahren unstrittig, dass an der beklagten Universität 75 % der männlichen Lehrenden und 70 % der männlichen Drittmittelforscher in befristeten
Teilzeitarbeitsverhältnissen beschäftigt waren. Im Bereich der weiblichen Beschäftigten waren die Zahlen noch krasser: Sie beliefen sich auf 79% bei Lehrenden und 73 % bei Drittmittelforscherinnen. Im Übrigen bezeichnete es die beklagte Universität als „selten“, dass an Universitäten tätige Personen im Rahmen wissenschaftlicher Karrieren in ein unbefristetes Dienstverhältnis übergeleitet würden.
4 Die Rechtsmeinung der Kommission der Europäischen Union
Von diesen Tatsachen ausgehend, vertrat die Kommission folgende, auf Vorjudikatur des EuGH gestützte Rechtsansichten. Diese werden nun auszugsweise und wortgetreu wiedergegeben:
„Befristete Arbeitsverhältnisse dürfen nicht zum Zweck einer ständigen und dauerhaften Wahrnehmung von Aufgaben, die normalerweise zur Tätigkeit des festen Personals gehören, verlängert werden.
Die Verlängerung befristeter Arbeitsverträge zur Deckung eines Bedarfs, der in Wirklichkeit kein zeitweiliger, sondern ein ständiger und dauerhafter ist, ist nicht im Sinne von § 5 Nr 1 Buchstabe a der Rahmenvereinbarung gerechtfertigt. Ein solcher Einsatz befristeter Arbeitsverträge läuft der Prämisse der Rahmenvereinbarung, dass unbefristete Arbeitsverträge die übliche Form des Beschäftigungsverhältnisses sind, auch wenn befristete Arbeitsverhältnisse für die Beschäftigung in bestimmten Branchen oder für bestimmte Berufe und Tätigkeiten charakteristisch ist, unmittelbar zuwider.
Zur Beachtung des § 5 Nr 1 Buchstabe a der Rahmenvereinbarung ist es erforderlich, dass konkret geprüft wird, ob die Verlängerung aufeinander folgender Arbeitsverträge zur Deckung eines zeitweiligen Bedarfs dient und ob eine nationale Bestimmung nicht in Wirklichkeit eingesetzt wird, um einen ständigen und dauerhaften Arbeitskräftebedarf des Arbeitgebers zu decken.“
Der Generalanwalt führte dazu aus:
„Aus alledem ist meines Erachtens zu schließen, dass § 109 Abs. 2 UG nicht dem Kriterium entspricht, wonach er Maßnahmen im Sinne von Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a bis c der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge enthalten muss. Im Übrigen hat das vorlegende Gericht keine
gleichwertigen gesetzlichen Maßnahmen im Sinne dieses Paragrafen angeführt, die auf den Fall der Klägerin des Ausgangsverfahrens anwendbar wären. Es ist daher festzustellen, dass der im
österreichischen Recht gemäß § 109 Abs. 2 UG zulässige Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge im Bereich der Hochschulforschung nicht mit Maßnahmen zur Verhinderung von Missbrauch einhergeht.“
Der EuGH hielt in seiner Entscheidung dazu fest, die Europäische Kommission habe sowohl in ihren schriftlichen Erklärungen als auch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, dass § 109 Abs. 2 UG keine ausreichende Umsetzung von Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge darstelle. Allerdings gehe aus der Vorlageentscheidung eindeutig hervor, dass das vorlegende Gericht § 109 Abs. 2 UG als ausreichende und zulässige Umsetzung von Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge ansieht. Somit sei eine Klärung der Bedeutung der letztgenannten Bestimmung für die Beantwortung der Vorlagefragen aus Sicht des vorlegenden Gerichts nicht erforderlich.
Im Ergebnis ließ der EuGH die von Kommission und Generalanwalt aufgeworfene Frage nach der Kompatibilität des § 109 des nationalstaatlichen UG mit § 5 der Rahmenvereinbarung unbeantwortet.
5 Die Novellierung des § 109 UG
Der österreichische Gesetzgeber sah sich durch diese Entscheidung zu einer Novellierung des Universitätsgesetzes veranlasst. Er hat nun folgenden Wortlaut:
§ 109 UG (in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 93/2021 mit Wirkung ab 1. Oktober 2021).
(1) Arbeitsverhältnisse können auf unbestimmte oder bestimmte Zeit abgeschlossen werden. Arbeitsverhältnisse auf bestimmte Zeit sind bei sonstiger Rechtsunwirksamkeit des
Arbeitsvertrags einmalig bis zu einer Dauer von höchstens sechs Jahren zu befristen, sofern in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist.
(2) Eine zweimalige Verlängerung bzw. ein zweimaliger neuerlicher Abschluss befristeter Arbeitsverhältnisse von Personen, die dem wissenschaftlichen und künstlerischen Universitätspersonal gemäß § 94 Abs. 2 angehören, ist bis zu einer Gesamtdauer von acht Jahren unter Berücksichtigung von Abs. 1 zulässig.
(3) Unbeschadet der zulässigen Gesamtdauer gemäß Abs. 1 und 2 finden Arbeitsverhältnisse, die überwiegend zur Durchführung von Drittmittelprojekten oder Forschungsprojekten abgeschlossen werden, bei der Feststellung der höchstzulässigen Anzahl von befristeten Arbeitsverhältnissen keine Berücksichtigung.
(4) Wechselt eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer in eine Verwendung gemäß § 94 Abs. 2 Z 1, ist eine einmalige neuerliche Befristung bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig.
(5) Bei Ersatzkräften ist eine mehrmalige Verlängerung oder ein mehrfacher neuerlicher Abschluss von Arbeitsverhältnissen bis zur Gesamtdauer von sechs Jahren zulässig.
(6) Bei ausschließlich in der Lehre verwendetem Personal ist eine mehrmalige Verlängerung oder ein mehrfacher neuerlicher Abschluss von Arbeitsverhältnissen innerhalb von acht Studienjahren zulässig.
(7) Arbeitsverhältnisse, die auch den Abschluss eines Doktoratsstudiums zum Inhalt haben, bleiben bis zum Ausmaß von bis zu vier Jahren für die höchstzulässige Gesamtdauer und die höchstzulässige Anzahl der Arbeitsverhältnisse unberücksichtigt. Ebenso unberücksichtigt bleiben Arbeitsverhältnisse als studentische Mitarbeiterin oder als studentischer Mitarbeiter.
(8) Unberücksichtigt bleiben Zeiten gemäß § 20 Abs. 3 Z 1 des gemäß § 108 Abs. 3 abgeschlossenen Kollektivvertrages für die ArbeitnehmerInnen der Universitäten (KV) in der am 1. Mai 2021 geltenden Fassung.
(9) Bei der Feststellung der höchstzulässigen Gesamtdauer der Arbeitsverhältnisse gemäß Abs. 1, 2, 5 und 6 sind alle Arbeitsverhältnisse zur Universität zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob die Arbeitsverhältnisse unmittelbar aufeinanderfolgen.

6 Beurteilung der novellierten Fassung des § 109 UG und des § 32 ORF-G:
§ 109 UG erfuhr im Jahr 2021 als Folge des Verfahrens vor dem EuGH in der Rechtssache C-274/18, Schuch-Ghannadan eine inhaltliche Änderung. Zu fragen ist, ob diese Änderung den europarechtlich zwingend umzusetzenden Vorgaben der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge entspricht.
Dies ist aus folgenden Gründen offenkundig nicht der Fall.
Die Mitgliedstaaten hatten nach Art 5 Z 2 lit b der Rahmenvereinbarung festzulegen, unter welchen Bedingungen befristete Arbeitsverträge oder Beschäftigungsverhältnisse als unbefristete Verträge oder Verhältnisse zu gelten haben. Die novellierte Fassung des § 109 UG entspricht dieser Vorgabe nicht. Ganz im Gegenteil ordnet er die „Rechtsunwirksamkeit“ der befristeten Arbeitsverträge an, die den Bestimmungen des § 109 UG zuwider laufen. Im Sinne der Zielrichtung der Richtlinie, Missbrauch zu verhindern, wäre festzulegen gewesen, unter welchen Bedingungen befristete Verträge als unbefristete Verträge gelten.
Mit keinem Wort wird den Bedenken der Kommission der Europäischen Union Rechnung getragen, dass befristete Dienstverhältnisse nicht dazu geeignet sind, Dienstnehmern Aufgaben zu übertragen, die „normalerweise“ zur Tätigkeit des festen Personals gehören. Angesichts von 70 bis 80 Prozent befristeter Teilzeitarbeitsverhältnisse an der verfahrensinvolvierten Universität kann dies nur als höchst auffällig bezeichnet werden.
Die insgesamt maximal zulässige Dauer aufeinanderfolgender Arbeitsverträge sowie die zulässige Zahl der Verlängerungen solcher Verträge werden in der Rahmenvereinbarung zwar nicht ziffernmäßig definiert, indes ist die sozialpolitische Zielrichtung eindeutig: Die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer innerhalb des Binnenmarktes sollen verbessert werden. Das bedeutet, dass Arbeitnehmern jedenfalls die von befristeten Verträgen ausgehenden Lasten der Unsicherheit und des disziplinären Drucks genommen werden sollen. Zulässige Befristungen über einen Zeitraum von acht Jahren sind nach meinem Verständnis nicht geeignet, dieser Zielrichtung zu entsprechen. Diese Wertung wird dadurch noch enorm verstärkt, dass Arbeitsverhältnisse überwiegend zur Durchführung von Drittmittel- oder Forschungsprojekten für die höchstzulässige
Anzahl von befristeten Arbeitsverhältnissen gar nicht (!) berücksichtigt werden. In den Übergangsbestimmungen (!) des § 143 Abs. 83 – 85 finden sich weitere Einschränkungen von Anrechnungsmöglichkeiten, so beispielsweise Zeiten eines Doktoratsstudiums im Ausmaß von bis zu vier Jahren, die an derselben Universität in einem Arbeitsverhältnis verbracht wurden, das in einem untrennbaren inhaltlichen Zusammenhang mit dem Doktoratsstudium stand. Unter solchen Bedingungen können sich Befristungen auf bis zu zwölf Jahre erstrecken.
Kein nachvollziehbarer Grund für die Zulässigkeit praktisch unbeschränkter Befristungen innerhalb von acht Studienjahren findet sich im Hinblick auf das ausschließlich in der Lehre verwendete Personal. Die Bestimmung widerspricht somit krass sowohl den sozialpolitischen Richtlinienvorgaben als auch der Rechtsansicht der Kommission, wonach befristete Arbeitsverhältnisse nicht zum Zweck einer ständigen und dauerhaften Wahrnehmung von Aufgaben, die normalerweise zur Tätigkeit des festen Personals gehören, verlängert werden dürfen.
Was § 32 Abs 5 Z 1 ORF-G und damit die im Arbeitsrecht der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt normierte, unbeschränkte Zulässigkeit befristeter Teilzeitarbeitsverhältnisse anlangt, kann nur ein vollumfänglicher Widerspruch zu § 5 der Rahmenvereinbarung konstatiert werden.
Der österreichische Gesetzgeber ist meines Erachtens den Umsetzungsvorgaben der Richtlinie (bis spätestens 10. Juli 2001) mehrfach nicht nachgekommen.
7 Erweiterter Kündigungsschutz von wissenschaftlichem und künstlerischem Universitätspersonal
Ein effektiver Kündigungsschutz von wissenschaftlichem Personal an Universitäten ist gesetzlich nicht vorgesehen. Lediglich auf der Ebene eines im Jahr 2009 in Kraft getretenen Kollektivvertrags finden sich über den allgemeinen Kündigungsschutz hinausgehende Kündigungsbeschränkungen, die grundsätzlich erst nach zwanzig (!) Dienstjahren, je nach Lebensalter u.U. auch früher, eintreten.
Die Kündigung von wissenschaftlichem oder künstlerischem Universitätspersonal ist nach § 22 Abs 7 des Kollektivvertrags allerdings „generell rechtsunwirksam, wenn sie wegen einer vom/von der ArbeitnehmerIn in Forschung/Entwicklung und Erschließung der Künste oder Lehre vertretenen Auffassung oder Methode erfolgt“.
Diese Kündigungsbeschränkung klingt vordergründig überzeugend, deren praktische Effizienz hängt jedoch regelmäßig vom Erfindungsreichtum der Dienstgeberseite ab. Der die
Kündigungsbeschränkung des § 22 Abs 7 des Kollektivvertrags in Anspruch nehmende Dienstnehmer muss damit rechnen, dass der im Gerichtsverfahren anwaltlich vertretene Dienstgeber mindestens fünf schwerste Verfehlungen behaupten wird, die mit einer Inanspruchnahme der Wissenschafts- und Lehrfreiheit in keinem Zusammenhang stünden. Unabhängig vom Wahrheitsgehalt steht der Dienstnehmer dann jedenfalls vor dem prozessrechtlichen Problem, diese Behauptungen zu entkräften. Die Methode wird dienstgeberseitig häufig angewendet, um Dienstnehmer im arbeitsgerichtlichen Verfahren zum Einlenken zu zwingen.
Universitätsprofessoren sind im Rahmen unbefristeter Dienstverhältnisse aufzunehmen, jedoch können unter verschiedenen Voraussetzungen auch befristete Arbeitsverträge abgeschlossen werden.52 V Fazit:
Wissenschafts- und Lehrfreiheit bilden Grund- und Menschenrechte, die historisch nur unter großen Opfern auf Seiten des Volkes den Institutionen Königs-/Kaiserhaus und Kirche abgerungen werden konnten. Heute sind diese Freiheiten mehrfach und meist auf verfassungsrechtlicher Ebene abgesichert. Umso schwerer ist es für die im Staat faktisch Macht ausübende Personen und Institutionen, ihren Intentionen zuwiderlaufende wissenschaftliche Erkenntnisse und deren Verbreitung in den Griff zu bekommen. Der über die Rechte der EMRK letztinstanzlich entscheidende EGMR in Straßburg gilt als konsequenter (um nicht zu sagen rigider) Verteidiger der Menschenrechte. Allzu leicht können sich Konventionsstaaten in Straßburg eine wenig rühmliche Niederlage und dazu auch noch einen Entschädigungsanspruch zugunsten des die Rechte der EMRK einfordernden Bürgers einhandeln.
Von allzu offenkundigen Beschränkungen der Wissenschafts- und Lehrfreiheit, sei es durch Gesetze, sei es durch behördliche Vollzugsakte, pflegen Mitgliedsstaaten der Konvention daher eher abzusehen.
Befristete Dienstverhältnisse lassen bei bloß oberflächlicher Betrachtung zunächst keinen Gedanken an eine Beschränkung der menschen- und grundrechtlich gesicherten Meinungsfreiheit und der Freiheit der Wissenschaft und Lehre aufkommen. Eine detaillierte Auseinandersetzung eröffnet allerdings andere – gegenteilige – Perspektiven. Befristet beschäftigte Personen bangen kontinuierlich um ihre wirtschaftliche Existenz. Das führt zu einer rigiden Disziplinierung zu Gunsten mehr oder weniger offenkundig vorliegender Interessen des Dienstgebers. Jeder wissenschaftlich oder journalistisch tätige Dienstnehmer im befristeten Dienstverhältnis wird sich hüten, auch nur ein Wort zu verbreiten, das den über sein zukünftiges wirtschaftliches Wohl entscheidenden Dienstgeber ungnädig zu stimmen geeignet ist.
Selbstverständlich können auch unbefristete Dienstverhältnisse beendet werden, jedoch ist die
Hemmschwelle für den Dienstgeber beim Ausspruch einer Kündigung größer als beim
Auslaufenlassen einer Befristung. Das hat durchaus gute Gründe. Eine Kündigung kann der
Dienstnehmer nämlich nach verschiedenen Kriterien des Arbeitsverfassungsrechts (unter Umständen auch im Rahmen anderer arbeitsrechtlicher Gebiete) anfechten. Dann muss sich der Dienstgeber erklären. Das kann unangenehm, im Falle einer Grundrechtsbeeinträchtigung sogar gefährlich werden. Lässt er jedoch bloß eine Befristung auslaufen, droht ihm (im Allgemeinen) kaum eine Gefahr.
Ein Schelm, der Böses dabei denkt, wenn staatliche Machthaber gerade dort, wo ihnen der massivste
Widerspruch droht, nämlich in der Wissenschaft und im Journalismus, die Disziplinierung auf die
Spitze treiben. Indes eignet sich der Umweg über befristete Dienstverhältnisse als durchaus elegante – weil unauffällige – Methode zur Erreichung des Zwecks, Dienstnehmer im Griff zu halten. Nebenher stehen noch Ausreden offen. Man könnte ja auch bloß etwas vergessen oder übersehen haben. Und überhaupt finden sich genug Experten, die wortreich erklären, dass das staatliche Handeln oder Unterlassen auch ganz rechtskonform interpretiert werden kann.
Sehr auffällig ist es allerdings schon, dass der österreichische Gesetzgeber die Zulässigkeit von Befristungen und damit die Disziplinierung von Dienstnehmern sozusagen mit Zähnen und Klauen gerade in jenen Berufszweigen verteidigt, aus denen der größte und im Falle der Wissenschaft auch der am besten begründete Widerspruch zu politischem Handeln kommen kann. Das sollte für sich alleine zur Hinterfragung der gesetzgeberischen Motive im Zusammenhang mit § 109 UG und § 32 ORF-G anregen. Dass die genannten Bestimmungen im Falle des § 109 UG mehr oder weniger, im
Falle des § 32 UG jedoch krass gegen zwingend umzusetzendes Europarecht verstoßen, lässt für gut gemeinte Interpretationen allerdings kaum mehr einen Raum. Dem Gesetzgeber darf jedenfalls nicht unterstellt werden, Gesetze ohne Sinn und Zweck zu schaffen.
Die Frage, ob das gesetzgeberische Verhalten korrupt ist, ist auf strafrechtlicher Ebene obsolet. Strafrechtlich relevant können nur die in Person der Abgeordneten abstimmenden Mitglieder der gesetzgebenden Körperschaft handeln. Jeder Versuch einer Verfolgung wird realiter an der ihnen eingeräumten Immunität scheitern.
Abseits einer strafrechtlichen Beurteilung darf auf die vielfältigen Definitionsversuche zum Begriff Korruption verwiesen werden. Einige davon lassen produktive Ergebnisse im Zusammenhang mit der
hier abgehandelten Fragestellung nicht ausschließen. Die dem Schrifttum entnommenen Korruptionsdefinitionen von Eder-Rieder und Kriele sind jedenfalls erfüllt.